: Wenn Anarchie als Werbegag herhalten muss
Hannover-Linden
Circa 43.000 EinwohnerInnen.
Das renitente Arbeiterstädtchen Linden musste sich 1920 widerstrebend eingemeinden lassen. Heute gilt es als migrantisch und studentisch geprägtes Ausgehviertel – mit rasant steigenden Preisen.
Die behelfsmäßig geflickten Scheiben der kürzlich eröffneten „Pizza Punks“ glänzen in Silber-chrom. Darüber eine rosa Neonreklame mit einem A im Kreis in der Mitte. An der Hausfassade daneben prangt ein Kolossal-Graffito als Werbung, eingerahmt von sexistisch überzeichneten Figuren. Innen ein alter Rollladen, mit einem Graffito der 1UP-Crew als Deko. „Don’t forget to eat your lunch and make some trouble“ steht über dem Holzofen. „Anarcho-Stil als Marketingidee“, titelte die Lokalzeitung. Dem Inhaber gehört ganz unpunkig eine erfolgreiche Burgerkette.
Einigen scheint der Ausverkauf eines rebellischen Images nicht zu schmecken. Noch vor Eröffnung zierte die Fenster eine Solidaritätsbekundung für den Köpi Wagenplatz in Berlin. Neueste Eskalation ist ein Glasbruch. Zumindest Dienstagabend stand daraufhin eine Kamera im Fenster, die, vermutlich nicht ganz legal, auf den Gehweg gerichtet war.
Wer wohl den längeren Atem haben wird? Zumindest gibt es hier nun für 7,50 Euro die teuerste Pizza Margherita im Viertel – für manche angeblich mit Alt-Punk-Rabatt.
Michael Trammer
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