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„Horror der Ausbeutung“

Das transnationale Kunstprojekt Hajusom beschäftigt sich mit Rassismus, Unterdrückung Ängsten und Monstern

Foto: Knut Henkel

Stanley Dennis Robert Ebhodaghe36, ist Sozialarbeiter und kommt aus Nigeria. Bei Hajusom ist er seit 2010.

Interview Knut Henkel

taz: Herr Ebhodaghe, das neue Stück von Hajusom ist ein Horror-Stück. Welchen Horror meinen Sie?

Stanley Dennis Robert Ebho­daghe: Zum Beispiel den Horror der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, die Zerstörung des Lebensraums im Niger-Delta durch die Erdölförderung: defekte Pipelines, Ölteppiche, der Kampf ums Überleben der Zivilbevölkerung, die sich wehrt und brutal unterdrückt wird.

Für diesen Horror der Ausbeutung der Erdölvorkommen stehen das Wasser und die schwarzen Planen, die zum Einsatz kommen, die bedrohliche Musik, das spärliche Licht …

Genau und da tauche ich dann auf der Bühne auf. Ich erinnere an den Tod von Ken Saro-Wiwa, der 1995 von den Militärherrschern gehenkt wurde, klage an im Namen von Asuku Udu. Seine Heimat wurde vollkommen zerstört. Er floh vor der Militärdiktatur, die alles der Erdölförderung durch die Royal Dutch Shell unterordnete. Die Forderung nach politischer und kultureller Freiheit der lokalen Bevölkerung im Niger Delta wurde brutal unterdrückt.

Zugunsten europäischer Förderkonzerne, zulasten der Einwohner im Niger-Delta, die sich in Vertreibung, in Flucht niederschlägt – bis nach Hamburg.

Für mich als Nigerianer ist das ein Thema, mit dem ich mich immer wieder beschäftigt habe. Vor Ort in Nigeria habe ich recherchiert und Interviews gemacht. Unter anderem mit Asuko Udo, der mich zu meiner Rolle inspiriert hat.

Haut spielt eine wichtige Rolle in dem Stück. „Meine Haut platzt an jeder Stelle, stülpt sich über eure Welt“, heißt es auf der Bühne. Haut wird da ausgetauscht – wofür steht sie?

Für unsere Erfahrungen mit Rassismus, die uns Hajusom-Performer alle prägen. Von Eltern, die den Freund ihrer Tochter nicht in die Wohnung lassen, weil er schwarz ist. Von Menschen, die scheel gucken, Angst haben, vor denen, die nicht gebraucht werden, die unerwünscht sind, die man draußen vor der Tür stehen lassen kann. All diese einschneidenden Erlebnis finden sich in „Morgen Grauen“ wieder.

Morgen Grauen. Welche Monster kommen noch?, Premiere heute, 20 Uhr, Hamburg, Kampnagel; bis So, 28. 11., https://www.kampnagel.de

Jeder und jede der zwölf Hajusom Per­for­me­r*in­nen hat einen Part, auf der Bühne fließt alles zu einer bombastischen Horrorshow zusammen. Was ist die Klammer?

Für mich ist es der Appell, dass die Gesellschaft dem Einzelnen toleranter begegnen sollte, ihm oder ihr mehr Platz einräumen sollte, mit mehr Respekt auf sie zugehen sollte. Das ist die Essenz und deshalb stellen wir die unbequemen Fragen: Wer wird von wem bedroht und wer ist für wen das Monster?

Das Stück ist während Corona entstanden. Hatte das Auswirkungen auf die Art und Weise, wie Sie zusammengearbeitet haben?

Ja, wir haben individuell und nicht in der Gruppe gearbeitet. Alle haben sich eigene Parts einfallen lassen, jeder für sich daran gearbeitet, im nächsten Schritt dann mit Josep und Ella von der künstlerischen Leitung. Zum ersten Mal, seitdem ich dabei bin, ist ein Stück nicht während der gemeinsamen Proben entstanden, sondern bei uns, bei mir zu Hause und bei den Zoom-Treffen.

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