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Archiv-Artikel

Zweiter Anlauf

LISSABON-VERTRAG Zwei Wochen vor dem erneuten Referendum in Irland liegen die Befürworter vorne

DUBLIN taz | Die erste Herausforderung für den wiedergewählten EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso ist das Referendum in Irland, wo in zwei Wochen erneut über den EU-Reformvertrag von Lissabon abgestimmt wird.

Nach der Ablehnung im vorigen Jahr wurde den Iren ein Zusatzprotokoll in Aussicht gestellt, das die Argumente der Kritiker hinfällig machen soll. So sollen die militärische Neutralität, die Entscheidungshoheit in moralischen Fragen wie dem Abtreibungsverbot und das Recht auf einen EU-Kommissar garantiert werden.

In den Umfragen liegen die Vertragsbefürworter deutlich mit 52 Prozent Jastimmen gegen 25 Prozent Neinstimmen deutlich vorne. Allerdings ist die Gruppe der Unentschlossenen mit 23 Prozent recht groß – und im vorigen Jahr sahen die Umfragen ähnlich aus.

Beide Seiten arbeiten mit Panikmache. Unternehmen wie Intel und Ryanair sowie sämtliche Parlamentsparteien außer Sinn Féin prophezeien, dass eine Ablehnung des Vertrags zur Isolation Irlands und zum Ausbleiben von ausländischen Investitionen führen, die Ratifizierung hingegen einen wundersamen wirtschaftlichen Aufschwung bewirken würde.

Auf der Seite der Vertragsgegner behauptet die katholisch-fundamentalistische Organisation Cóir, dass der Mindestlohn durch eine Ratifizierung auf 1,84 Euro pro Stunde sinken werde. Und die antieuropäische UK Independent Party hat Flugblätter an anderthalb Millionen Haushalte verschickt, in denen sie vor einer Flut türkischer Billigarbeiter warnt.

Allein die Campaign Against the EU Constitution, ein Zusammenschluss von 14 linken Organisationen, die sonst die Straßenseite wechseln, wenn sie sich begegnen, argumentiert inhaltlich. Sie verweist auf die Militarisierungsklauseln und die im Vertrag vorgesehenen Erleichterungen für die Privatisierung im Gesundheits- und Bildungsbereich.

Für die Koalitionsregierung aus der konservativen Fianna Fáil („Soldaten des Schicksals“) und den Grünen steht viel auf dem Spiel. Ihre Umfragewerte sind wegen der tiefen Rezession, die großenteils hausgemacht ist, im Keller. Sollte das Referendum erneut verloren gehen, wird die Regierung wohl stürzen.

RALF SOTSCHECK