Sexualisierte Gewalt in Münster: Fast acht Jahre Haft für Mutter

Der Fall wurde als „Missbrauchskomplex Münster“ bekannt. Weil die Mutter des Opfers nicht einschritt, ist zu sie zu beinahe acht Jahren Haft verurteilt worden.

Eine Person hält sich eine Mappe vor das Gesicht.

Die verurteilte Mutter vor dem Landgericht Münster zu Beginn des Prozesses im August Foto: Guido Kirchner/dpa

MÜNSTER afp/dpa | Im Komplex um die sexualisierte Gewalt gegen einen Jungen in Münster ist dessen Mutter zu sieben Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die 32-Jährige davon wusste, dass ihr damaliger Lebensgefährte Adrian V. ihrem heute zwölfjährigen Sohn schwere sexualisierte Gewalt zugefügt hatte, wie eine Sprecherin am Mittwoch sagte. Da sie die Gewalt nicht verhindert habe, habe sie sich der Beihilfe durch Unterlassen schuldig gemacht.

Freigesprochen worden sei die Angeklagte vom Vorwurf, sich selbst an den Taten gegen den Sohn beteiligt zu haben. Nach Auffassung der Kammer hielt die Angeklagte es seit Oktober 2018 zumindest für möglich, dass ihr Partner ihren Sohn missbrauchte. Später sei sie sich dessen sogar sicher gewesen. Die 32-Jährige hatte am vorletzten Verhandlungstag in einem Teilgeständnis lediglich eingeräumt, ab Oktober 2019 von den Taten gewusst zu haben – also erst ein Jahr später.

Die Staatsanwaltschaft forderte eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren, die Verteidigung beantragte sechs Jahre Haft. In ihrem letzten Wort zeigte die Angeklagte einem Gerichtssprecher zufolge Reue und sagte, dass es ihr leid tue.

Die sexualisierte Gewalt bei „unzähligen Gelegenheiten“ soll überwiegend in der gemeinsamen Wohnung stattgefunden haben, wenn die Angeklagte nicht zu Hause war. In mehreren Fällen soll sie laut Staatsanwaltschaft anwesend gewesen sein, aber nicht eingegriffen haben.

Zahlreiche Reisen ihres Lebenspartners mit ihrem Kind oder diverse Treffen mit gesondert angeklagten Tatverdächtigen in Münster und anderen Städten soll sie geduldet haben. Während dieser Reisen beziehungsweise Treffen kam es laut Anklagevorwurf ebenfalls zu schwerer sexualisierter Gewalt des Lebensgefährten und anderer Männer an dem Jungen.

Das Verfahren fand zum Großteil – um das Opfer zu schützen – unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. So sind bislang keine Details zum Lebenslauf der Mutter und zu der Beziehung zum Stiefvater ihres Kindes bekannt geworden. Nach Angaben eines Gerichtssprechers hatte ein Gutachter die 32-Jährige als voll schuldfähig eingeschätzt.

Ihr damaliger Lebensgefährte V. wurde bereits in einem gesonderten Verfahren zu 14 Jahren Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Die Richter sahen es nach der Beweisaufnahme als erwiesen an, dass er und vier weitere angeklagte Männer mehrere Kinder schwerst sexuell missbraucht hatten – zum Teil über Tage hinweg in einer Gartenlaube. Beim Verfahren gegen die Angeklagte trat V. zwar in den Zeugenstand, machte aber keine Aussage.

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