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Archiv-Artikel

Gewinne verzehnfacht

JUSTIZ Senat räumt auf Anfrage starken Anstieg der organisierten Kriminalität in Hamburg ein. SPD fordert mehr Personal zur Verbrechensbekämpfung

Organisierte Kriminalität

Bei der organisierten Kriminalität (OK) dominieren in Hamburg mit einem Anteil von fast 67 Prozent deutsche Tatverdächtige das Geschehen.

■ Öfter Knast: Die Zahl der verhängten Haftbefehle hat sich 2008 gegenüber dem Vorjahr von 41 auf 83 mehr als verdoppelt.

■ Härtere Strafen: Gegen 21 Beschuldigte wurden 2008 Haftstrafen über zwei Jahre verhängt (2007: acht Beschuldigte).

■ Geschützt: Die Zahl der Personen, die im Bereich der OK in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen wurden, ist fast konstant geblieben: 2008 waren es sieben Personen, 2007 noch neun.

Erstaunlich viel Lob für den Innensenator von SPD-Lautsprecher Andreas Dressel: Der sozialdemokratische Innenexperte pries am Donnerstag die Aktivitäten von Christoph Ahlhaus (CDU), besonders die im Kampf gegen die organisierte Kriminalität. So sei die Zahl der 2008 geführten entsprechenden Gerichtsverfahren gegenüber 2007 von 34 auf 42 angestiegen, die Zahl der Anklagen habe sich gegenüber 2006 sogar von 34 auf 67 fast verdoppelt. Mehr verdeckte Ermittlungsmaßnahmen, härtere Strafen und eine Zunahme der staatlichen Abschöpfung kriminell erworbener Gewinne der organisierten Kriminalität vervollständigten den Eindruck, den der Innenexperte aus den Senats-Antworten auf eine große Anfrage der SPD gewonnen hatte. „Die Tendenz stimmt“, lobt Dressel.

Das sei aber auch nötig, denn nicht nur die polizeiliche Ermittlungstätigkeit, sondern auch das organisierte Verbrechen nehme in Hamburg zu. Die durch organisierte Kriminalität verursachten Schäden seien von 17 Millionen (2007) auf fast 106 Millionen Euro 2008 sprunghaft gestiegen. Die geschätzten Gewinne der Kriminellen hätten sich 2008 im Vergleich zu 2007 fast verzehnfacht und lägen bei rund 80 Millionen Euro.

Dass davon 2008 drei Millionen Euro einkassiert wurden – statt 265.000 Euro 2007 – sei zwar „erfreulich“, aber noch lange nicht genug. „Der Staat muss alles tun, um Gewinne aus kriminellen Aktivitäten abzuschöpfen“, plädiert Dressel. Das sei „der entscheidende Hebel im Kampf gegen die organisierte Kriminalität, weil das die Täter am meisten schmerzt“.

An erster Stelle bei den diesbezüglichen Verfahren liegt der Drogenhandel, gefolgt von Wirtschaftskriminalität. Die Zahl der Betäubungsmittelverfahren stieg von neun (2006) über zwölf (2007) auf 17 Verfahren im Jahr 2008. Kritik übt Dressel vor allem am Personalabbau bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität. Im vergangenen Jahr kamen hier sechs Mitarbeiter weniger zum Einsatz als noch 2007. „Dieser Bereich muss personell weiter schlagkräftig bleiben“, fordert Dressel.

Kritik übt Dressel auch an der mangelnden Transparenz des Senats, der schon vor Jahren den jährlichen Lagebericht zum Thema aus dem Programm nahm, so dass nun die SPD die Daten mühsam abfragen muss. Der Senat versuche so, „eine Problematik totzuschweigen“, findet Dressel. Christoph Ahlhaus dagegen sieht keinen informationellen „Mehrwert in den Lageberichten“. Statt Kriminalität zu beschreiben, solle die Polizei sie lieber bekämpfen. MARCO CARINI