brief des tages
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Erfahrung ist bestenfalls Detailkritik

„Ein letzter progressiver Akzent“, taz vom 18. 9. 21

Ob das neue Schulgesetz wirklich so „progressiv“ ist, erweist sich erst dann, wenn man das Kleingedruckte genau gelesen hat und bereit ist, sich auf die durchaus gravierenden praktischen Konsequenzen für den Alltag von Lehrer_innen an Gymnasien einzulassen. Das scheint weder bei den Grünen noch bei den Linken der Fall gewesen zu sein! Das Gedruckte liest sich wohl einfach zu schön: mehr Beteiligung für Schüler_innen und Eltern, an allen Schulen kann man die gleichen Abschlüsse erwerben – wie wunderbar! Was nicht berichtet wird: Die zur Abstimmung vorgelegte Fassung ist eine neue, gravierend veränderte Version, die ohne jede Rücksprache mit Lehrervertreter_innen oder Schulleiter_innen kalt durch die Hintertür erstellt wurde. Welches Demokratieverständnis liegt einer Vorgehensweise zugrunde, bei der unser professionelles Wissen und unsere Erfahrung bestenfalls als „Detailkritik“ gelten? Prima, wenn nun die paritätisch mit Schüler_innen, Eltern und Lehrer_innen besetzte Schulkonferenz auch noch für die hochkomplexe Finanzplanung verantwortlich ist.

Imke Fischbeck, Berlin