: Kirche goes queer
Am Wochenende findet der dritte Göttinger Christopher Street Day statt. Mit dabei sind in diesem Jahr muslimische und christliche Glaubensgemeinschaften, die den Dialog mit queeren Gläubigen suchen
Simone Kamin, Verein Queeres Göttingen
Von Pascal Luh
„Selbstbestimmt. Sichtbar. Sicher.“ So lautet der Slogan für den diesjährigen Christopher Street Day in Göttingen, der am Samstag zum dritten Mal in Göttingen abgehalten wird. Neu in diesem Jahr: Auch etliche Glaubensgemeinschaften aus Göttingen wollen sich daran beteiligen. Mit dabei sind die katholische Kirchengemeinde St. Michael und der Liberal-Islamische Bund und einige evangelische Gemeinden sowie die Quäker und die Neuapostolische Kirche.
Angesprochen wurden die Gemeinschaften vom CSD-Aktionsbündnis, das den CSD koordiniert. Simone Kamin, Vorstandsmitglied im Verein Queeres Göttingen, einem Teil des Bündnisses, sagt, dass das CSD-Plenum eine Anlaufstelle für queere, religiöse Menschen auf dem CSD schaffen wolle. Queere Menschen seien häufiger von Verletzungen und Ausschlüssen in religiösen Gemeinschaften betroffen. „Wir möchten queeren Menschen die Möglichkeit bieten, nach Glaubensgemeinschaften Ausschau zu halten, bei denen sie sich mit ihrer Lebensweise gut aufgehoben fühlen und auch Rechte in Anspruch nehmen können“, sagt Kamin. Der persönliche Glaube solle die Chance haben, einen Raum zu finden.
Auf der anderen Seite solle mit der Präsenz von Glaubens- und Kirchengemeinschaften auch Kritik und Konfrontation möglich sein: „Queeren Menschen soll es möglich sein, über erlebte Verletzungen und Ausschlüsse zu sprechen und Glaubensvertretende damit zu konfrontieren“, so Kamin.
Die Evangelische Familienbildungsstätte hat mit den anderen evangelischen Gemeinschaften einen gemeinsamen ökumenischen Stand vorbereitet. „Wir wollen, dass Kirche sichtbar ist und gezeigt wird, dass Kirche offen ist für alle“, sagt Elke Drebing, die Leiterin der Bildungsstätte. „Gerade was die Teilhabe von queeren Menschen angeht, gibt es viel Diskussionsbedarf innerhalb der verschiedenen Kirchen.“ Die Gemeinden wollten sich vor allem der Frage stellen, an welcher Stelle Kirche offener und toleranter werden müsste. Auf der anderen Seite wollten sie aber auch herausfinden, welche kirchlichen Angebote eigentlich gewünscht seien.
„Es wird sicherlich Reibungspunkte geben“, vermutet Simone Kamin von Queeres Göttingen – aber darum ginge es eben auch. „Statements, die queere Lebensweisen herabwürdigen, sind nicht gestattet“, versichert Kamin. Es sei immerhin der CSD. Die Stände der Glaubensgemeinschaften seien in einem eigenen Bereich aufgestellt, den man auch ignorieren könne. Außerdem hätten sich die Gemeinschaften, die dialogbereit sind, für einen Stand beim CSD entschieden.
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