: Big Party
AUSGEHEN Wenn nächstes Jahr die Fußballweltmeisterschaft nach Südafrika kommt, lockt Soweto
■ Unterkunft Holiday Inn, Viersternehotel in Kliptown, dem ältesten Viertel Sowetos, auf dem Walter-Sisulu-Platz nahe dem Hector-Pietersen-Denkmal; Lolo’s Gästehaus in Diepkloof (+27 11-9 85 91 83).
■ Bars Sochila Bar Lounge in Diepkloof (+27 11-9 85 43 43). Beliebter Treffpunkt für Black Diamonds; Nambitha in Orlando West (+27 11-9 36 91 28), lebendiges und trendy Esslokal; Sakhumzi, Orlando West (+27 11-5 36 13 79), gemütliches Restaurant nahe Mandela House Museum (+27 11-9 36 77 54); The Rock, Rockville (+27 11-9 86 81 82), Nachtclub mit Terrasse Robby’s Place, Zone 5.
■ Info Soweto Tourism Informationszentrum (+27 11-9 45 31 11), www.soweto.co.za, Soweto Tours (+27 11-3 15 15 34)
VON MARTINA SCHWIKOWSKI
Soweto. Der Parkwächter winkt die schicken Autos in kleine Parkbuchten, die neuesten Fahrzeugmodelle flankieren die staubige Straße in Soweto und eindringliche Musikrhythmen dröhnen aus Lautsprecherboxen. Die Sonne senkt sich über die Township, und im In-Restaurant ambitha nimmt das Stimmengewirr zu. Fesche Frauenkleider zeigen nackte Schultern, enge Röhrenjeans und silberne Schuhe sind trendy. Männer spielen mit Muskeln in knackigen T-Shirts. Modische Handys klingeln. Flaschen mit edlen Weinen stecken in Eiskühlern. Das In-Restaurant in der Vilakazistraße ist einer der beliebtesten Treffpunkte in Südafrikas größter und kulturell vielfältigster Township.
Unterhaltung bis tief in die Nacht lockt schwarze Gäste auch aus den nördlichen Wohnvierteln Johannesburgs nach Soweto. Sie ziehen von Bar zu Bar. „Das Leben im Norden der Stadt ist langweilig“, sagt Norman Makhubela. Dort trifft man sich höchstens im Einkaufszentrum“, weiß der junge Richter. Soweto, einst ein Symbol der Unterdrückung und auf dem Reißbrett als Ghetto für Schwarze entstanden, die ihren weißen Bossen in Johannesburg dienten, hat Soweto eine lebhafte Kultur und eine Art Gemeinschaftsgefühl entwickelt: Jeder scheint jeden zu kennen, Schultern werden freudig zur Begrüßung geklopft und Daumen cool in die Luft gereckt als Zeichen. Alles okay!
Normans Elternhaus ist um die Ecke in Orlando West, und er führt seine simbabwischen Kollegen in seiner Heimat aus. „Ich schlafe im Vorort von Johannesburg, aber ich lebe in der Township.“ So machen es viele Soweto-Bewohner. Der Umzug in die mit Elektrozäunen und hohen Mauern abgeriegelten weißen Wohnviertel mit Gärten und Swimmingpools ist das „Wir haben es geschafft“ der neuen, wohlhabende Mittelklasse. Aber es zieht sie immer wieder zurück in die brodelnde Township: Familienfeiern, Hochzeiten, Beerdigungen und Partys – kein Fest wird ausgelassen.
Vilakazi Street ist die berühmteste Straße in Soweto, denn hier, nur ein paar Kurven vom Restaurant Nambitha entfernt, verbrachte Nelson Mandela die ersten Ehejahre mit seiner Frau Winnie. Sie wohnten in den frühen Sechzigerjahren in einem kleinen roten Backsteinhaus bis kurz vor seiner Verhaftung und der 27-jährigen Verbannung auf die Gefängnisinsel Robben Island. Noch vor zehn Jahren standen ein paar Plastikstühle vor dem Haus, und Erfrischungsgetränke wurden aus dem benachbarten Café serviert. Heute liegt Mandelas Haus hinter Museumsmauern, und Touristen können es besichtigen. Oder das Nachbarhaus von Erzbischof Desmond Tutu, das immer noch Sitz der Familie ist. Oft kehren Besucher dann in der Bar Sakhumzis gegenüber ein. Dort sitzen Einheimische auf rustikalen Bänken unter Strohdächern am Straßenrand, essen traditionell zubereitete Fleischgerichte, Innereien, Maisbrei und schwere Saucen und genießen südafrikanischen Cider zur Livemusik. Sakhumzi Maqubela eröffnete den populären Treffpunkt vor acht Jahren. „Wir haben es zu was gebracht“, sagt er und zeigt stolz den Schlüssel für seine Harley Davidson und den neuesten BMW. Statussymbole zählen in Soweto.
Ein paar Stunden später in der Nacht parkt der schwarze Jeep des Richters Makhubela vor der Bar Sochila im Viertel Diepkloof. Er nennt es sein „Lieblingswasserloch“ und zwinkert mit inzwischen geröteten Augen. Kellner mit weißen Hemden, schwarzen Westen und Hüten haben alles im Griff, die Atmosphäre ist dennoch locker – wie der Name verrät: „Wir entspannen“. Eigentümerin Phiwe Zwane hat ihr einfaches Wohnhaus in den vergangenen zwei Jahren zu einer der beliebtesten Adressen der Township ausgebaut, mit Glasfassaden, Neonlichtbar und Ledersitzecken, mit Flachbildschirm an den Wänden und einem Kamin für die kalten Wintertage. In unmittelbarer Nähe zum Fußballstadion „Soccer City“ und einigen attraktiven Gästehäusern hofft sie auf noch mehr Gäste für nächstes Jahr zur Weltmeisterschaft. Der südafrikanische Soccer-Boss Irvin Khoza wohnt in seinem Millionenpalast direkt nebenan. „Wir haben hier die Black Diamonds“, sagt Phiwe und strahlt, denn der Rubel rollt. „Schwarze Diamanten“ werden die schwarzen Aufsteiger genannt. Sie legen Wert auf Stil und Luxusgüter und wollen damit gesehen werden.
Das KaPanyaza ist ein beliebter Nachttreff in Rockville, einen Steinwurf entfernt vom heißen Club The Rock. Südafrikanische Kwaito- und HipHop-Musik dröhnt durch die Nacht. Das KaPanyaza bietet tonnenweise Fleisch. Ein ordentliches Steak oder „Boerewors“, das südafrikanische Grillwürstchen, ist solide Grundlage für die Big Party, die später im legendären Nachtclub Rock weitergeht.
An den blasierten Türstehern vorbei gelangt man zur Dachterrasse des Rocks mit Blick über Soweto. Hier wird ausgelassen getanzt, auf hohen Hacken im sexy Outfit zu House Music oder afrikanischem Jazz oder Soul. Männer protzen mit goldenen Uhren und Kettchen. Ungeniert. Die Frauen stehen drauf.