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„Die Aktualität macht das Studium so interessant“

Klimawandel, Coronapandemie – Studierende der Wasserwirtschaft lernen an der Ostfalia-Hochschule, wie man Hochwasser bändigt und Viren in Kläranlagen aufspürt

Im Master geht’s auch ums Küstenschützen, hier Wangeroge nach einem Sturm Foto: Peter Kuchenbuch Hanken/dpa

Von Joachim Göres

Hätte man das Hochwasser in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, das mehr als 180 Tote gefordert hat, verhindern können? „So etwas kann man nicht verhindern, aber man hätte etwas tun können, damit die gravierenden Folgen geringer ausfallen.“ Das sagt Markus Wallner, Professor für Siedlungswasserwirtschaft an der Ostfalia-Hochschule für angewandte Wissenschaften. Im Bachelor-Studiengang Wasser- und Bodenmanagement bringt er Studierenden unter anderem Simulationsmodelle näher, damit sie als zukünftige Experten auf die Folgen des Klimawandels vorbereitet sind.

„Im vergangenen fünften Semester haben wir uns mit dem Thema Hochwasserrisiko beschäftigt“, sagt Sophia Stobins­ki. Die 26-Jährige lernte Computerprogramme kennen, mit denen man Überflutungen berechnen und darstellen kann, machte sich mit der Arbeitsweise von Regenrückhaltebecken vertraut und diskutierte in Online-Seminaren, was zu tun ist, wenn Hochwasser auftreten.

Das Hochwasser an der Ahr ist für sie keine Überraschung: „Immer mehr Flächen sind versiegelt, der Boden kann die Wassermassen nicht aufnehmen. Dürre und Starkregen werden zunehmen. Die Aktualität macht das Studium so interessant.“

Sehr aktuell ist ebenfalls ein Ostfalia-Projekt, in dem Wasserproben aus Klärwerken in Hildesheim, Uelzen und Celle genommen werden, um die Corona-Viruslast zu analysieren und dadurch möglichst Vorhersagen über die Entwicklung der Pandemie in einer bestimmten Region zu treffen.

Stobinski hat im vergangenen Semester auch Module zu Themen wie Stadtentwässerung, landwirtschaftlichem Wasserbau, Altlastensanierung, Baubetrieb und Projekt-Management sowie verschiedene Wahlfächer belegt. „Für mich ist das die richtige Mischung aus Naturwissenschaft und Technik. Und ich wollte keine große Uni mit Massenseminaren, deswegen habe ich mich für die Ostfalia in Suderburg entschieden“, sagt Stobinski.

Suderburg? Die zum Landkreis Uelzen gehörende Gemeinde zählt rund 7.000 Einwohner und 1.400 Studierende. „In unseren Veranstaltungen sind wir oft nur 20 Personen, da kann man immer Fragen stellen. Hier ist alles klein und familiär, wie in der Schule, ich fühle mich sehr wohl“, sagt Stobinski. Ein weiterer Grund für die Wahl ihres Studienorts ist der hohe Praxisanteil. Dazu gehören Laborpraktika: In Bodenkunde analysiert man eine selbst genommene Probe und bestimmt die Bodenart. In Geotechnik untersucht man die Lagerungsdichte und Bodenfeuchte der Erde. In Wasseranalytik steht die Bestimmung von Proben aus Fließgewässern auf dem Programm. Dazu kommen Exkursionen. „Wegen Corona ist leider eine Fahrt zum Klärwerk nach Duisburg abgesagt worden. Umso mehr freuen wir uns auf eine Exkursion nach Helgoland mit dem Schwerpunkt Gesteinskunde“, sagt die angehende Umweltingenieurin.

Sieben Semester dauert in Suderburg das Studium, an dessen Ende nach einem 14-wöchigen Praktikum die Bachelor-Arbeit steht. Und wie geht es danach für Sophia Stobinski weiter? „Ich kann mir einen Beruf im Gewässerschutz oder der Altlastensanierung vorstellen. Es gibt sehr viele Angebote.“

„Für mich ist das die richtige Mischung aus Naturwissenschaft und Technik“

Sophia Stobinski, Wassermanagement-Studentin

Das bestätigt ein Blick in die Stellenbörse auf der Homepage der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA). Die Abwasserentsorgung Salzgitter sucht einen Bauingenieur mit der Fachrichtung Siedlungswasserwirtschaft, und in Cuxhaven wird ein Fachplaner für Entwässerungssysteme gesucht – zwei von vielen Stellenanzeigen, die sich an alle Geschlechter richten. Wobei bisher Männer in der Wasserwirtschaft dominieren: Nach einer DWA-Umfrage von 2019 starteten 450 Frauen und 580 Männer mit dem Studium der Wasserwirtschaft. Doch von den DWA-Mitgliedern sind nur 17 Prozent Frauen.

Soll man sich für eine Hochschule oder eine Universität entscheiden? Markus Wallner, der vor Suderburg an der Uni Hannover Wasserwirtschaft gelehrt hat, empfiehlt: „Wer mehr an der Praxis interessiert ist, für den ist die Hochschule besser geeignet, an der Uni kann man mehr vertiefen und forschen.“ Wallner weiß, dass viele Studierende eher die Frage Bachelor oder Master beschäftigt. „In Suderburg bekommen viele Studierende schon während der Bachelor-Arbeit Stellenangebote. Wer übergeordnet arbeiten, Konzepte entwickeln und Führungsaufgaben übernehmen will, für den ist ein Master sinnvoll.“

Einen passenden Master-Studiengang bietet unter anderem die Uni Oldenburg zusammen mit der Uni Groningen an. In mit dem viersemestrigen englischsprachigen Studiengang „Water and Coastal Management“ können die Kenntnisse auch um den im Zuge des Klimawandels nicht minder wichtigen Bereich Küstenschutz erweitert werden.