Priorität für den Kindergeburtstag: Wichtig für Mütter und Väter

Zu erwarten, dass eine Bürgermeisterin am Geburtstag ihres Kindes die Sitzung vorzieht, ist ein No-Go. Mehr Frauen in diesem Amt sind nötig.

Ein Junge im roten T-Shirt sitzt vor sieben weißen Kerzen

Gemeinsam die Geburtstagskerzen auspusten, das sollten auch Väter nicht verpassen Foto: Jürgen Effner/dpa

Den Grünen, der CDU und der FDP ist in Bad Bramstedt ein Fehler unterlaufen. Mag sein, dass sie es im Eifer des Gefechts um Stellenplan und Kompetenzen nicht merkten, aber das Hinterfragen des Fernbleibens ihrer Bürgermeisterin von einem – kurzfristig angesetzten – Abendtermin am Geburtstags ihres Kindes ist gemein.

Viele Frauen neigen eh dazu, mehr zu arbeiten als Männer und alles perfekt erledigen zu wollen. Hier wird einer Mutter die Harke gezeigt. Nach dem Motto: „Mädel, wenn du schon in die Führungsposition gehst, nimm hin, dass du keine,gute Mutter' bist und nicht mal Zeit hast, mit deinem Kind die Geburtstagskerze auszupusten.“

Dabei sei dieses schöne Erlebnis auch allen Männern in diesem Amt gegönnt. Und es ist wichtig, dass es mehr Bürgermeisterinnen gibt, damit die Mischung stimmt. Denn obwohl Frauen die Hälfte der Bevölkerung stellen, besetzen Männer in Deutschland immer noch neun von zehn Bürgermeisterjobs.

Eine Studie der Europäischen Akademie für Frauen in Wirtschaft und Politik (EAF) von 2014 ergab, dass es in Ostdeutschland doppelt so viele Bürgermeisterinnen gibt wie im Westen. Und Frauen in diesen Ämtern hatten eher schon fast erwachsene Kinder und sahen sich, was Lebensführung und Führungsstil betrifft, mit anderen Erwartungen konfrontiert als Männer.

Um zu verstehen, dass sich mitunter sogar Frauen mit einer Bürgermeisterin schwer tun, müssen wir sehen, dass sich Westdeutschland in einem noch nicht so lange währenden Wandel befindet. Erst seit 2013 gibt es den Rechtsanspruch auf Krippenbetreuung. Vorher stand hinter der Vereinbarkeit von Job und Familie immer ein Fragezeichen, verzichteten in der Regel die Mütter auf Berufstätigkeit – und auch jetzt noch ist mancherorts ein Krippenplatz schwer zu finden.

Viel mehr Kritik

Dass Mütter zu Hause bleiben, war für die ältere Generationen üblich. Sie haben kein falsches Leben geführt, nur eben ein anderes. Sie sollten sich nicht durch eine junge Generation – für die die gemeinsame Kindererziehung selbstverständlich ist – infrage gestellt fühlen. Nur Gefühle lassen sich nicht immer leicht lenken und sind eben einfach da.

Auf der Ebene von Parteien sollte man dieser Emotion aber keinen freien Lauf lassen. Zu sagen, Bürgermeister müssten Prioritäten setzen bei Geburtstag und Sitzung, ist ein No-Go.

Natürlich müssen sich auch Frauen im Amt Kritik gefallen lassen. Das neu gegründete Netzwerk der Bürgermeisterinnen berichtet aber, dass sich „Darf die das?“-Fragen bei Amtsträgerinnen auffällig häufen. Der Fall Bad Bramstedt könnte Anlass sein, das zu untersuchen.

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Jahrgang 1964, seit 1992 Redakteurin der taz am Standort Hamburg für Bildung und Soziales. Schwerpunkte Schulpolitik, Jugendhilfe, Familienpolitik und Alltagsthemen.

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