: 1.000 Abgeordnete im Bundestag?
Wahlrechtsexperte: Statt zu schrumpfen, wird der nächste Bundestag wohl weiter anschwellen
Der nächste Bundestag könnte nach Berechnungen des Wahlrechtsexperten Robert Vehrkamp gut 1.000 Abgeordnete stark werden. „Die Bandbreite der plausibel möglichen Bundestagsgrößen läuft von etwa 650 bis mehr als 1.000. Das kann man nicht ausschließen“, sagte der Fachmann der Bertelsmann Stiftung der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Er gehört auch der vom Bundestag eingesetzten Kommission zur Reform des Wahlrechts und zur Modernisierung der Parlamentsarbeit an.
Die Normgröße des Bundestags beträgt 598 Mandate. Seit der Wahl 2017 zählt er 709 Abgeordnete – so viele wie nie zuvor. CDU/CSU und SPD haben zwar im vergangenen Oktober eine Änderung des Wahlrechts durchgesetzt, diese wird nach Auffassung von Fachleuten aber wohl kaum zur erhofften Verkleinerung des Parlaments führen.
Das Thema wird daher auch den nächsten Bundestag beschäftigen. Vor allem CDU und CSU müssten sich endlich bewegen, sagte die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Britta Haßelmann, der dpa. „Sie haben eine wirksame Reform jahrelang blockiert und erst auf dem letzten Drücker agiert“, kritisierte Haßelmann. „Aber auch die SPD hat keine besondere Energie in eine notwendige Veränderung gesteckt.“
Eine genaue Vorhersage über die Größe des nächsten Bundestags ist nach Vehrkamps Darstellung nicht möglich. „Was in der Diskussion häufig übersehen wird: Es kommt nicht nur auf das Zweitstimmenergebnis an. Mindestens genauso stark hängt es vom Stimmensplitting ab, wie viele Überhangmandate es geben wird. Und das Splittingverhalten ist noch unkalkulierbarer als die Zweitstimmenvergabe.“
So könnten beispielsweise die Grünen etwa doppelt so viele Zweitstimmen bekommen wie bei der Wahl 2017. „Wir wissen aber nicht, wie dann das Splittingverhalten der Grünen-Wähler aussieht.“ Würden etwa 20 Prozent von ihnen – etwa aus alter Verbundenheit – ihre Erststimme der Union geben, habe das „einen enormen Hebeleffekt“, sagte Vehrkamp. „Dann ist man je nach Szenario schnell bei 880, 950 oder im Extremfall sogar bei über 1.000 Mandaten. Das muss nicht so kommen, ist aber möglich.“
Vehrkamp hat aus dem „ARD-Deutschlandtrend“ vom 5. August (CDU/CSU: 27 Prozent, Grüne: 19, SPD: 18, FDP: 12, AfD: 10, Linke: 6) mit drei verschiedenen Splittingszenarien die Größe des Bundestags errechnet. Je nach Szenario kommt er auf 695, 851 oder 978 Abgeordnete. (dpa)
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