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Archiv-Artikel

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Leben und Tod eines Raums in drei Akten, (No-Res) Spanien 2012, R: Xavier Artigas / Originalfassung mit Untertiteln

Eine Dokumentation über den Konflikt um Erhalt oder Abriss der „Colonia Castells“ in der katalanischen Metropole Barcelona. So hieß eine Fabriksiedlung, mit kleinen einstöckigen Reihenhäusern. Früher am Rand gelegen, direkt neben den Fabriken, um die ProletarierInnen aus der Stadt fernzuhalten. Angelegt wie ein kleines Dorf. Schlafen, Essen, Arbeiten.

Damals. Die Fabrik ist lange weg, die Stadt nähergekommen. Rund um die kleinen Häuser das Barrio Les Corts: breite Straßen, hohe Fassaden. Die Kamera nimmt die Fronten der siebenstöckigen Häuser mit Totalen ins Bild. Gleichförmig. Wie anders dagegen das Leben in der Colonia.

Jeder Eingang anders angemalt, gefliest, mit Blumentöpfen. Musik, Stimmen tönen aus den Häusern, Kinder spielen auf den engen Gassen, gegessen wird, wenn viel Besuch kommt, draußen vor der Tür. Das Filmkollektiv hat den Konflikt über einen längeren Zeitraum begleitet.

Der Film ist entstanden in Kooperation mit dem „Col·lectiu Salvem la colònia“, der Initiative „Rettet die Kolonie“. Die Kamera ist zurückgenommen, meist statisch. Wo die Initiative sich bemüht, die Kolonie zu beleben, ziehen andere schon aus. In die neuen Etagenwohnungen, die sie als Ersatz für ihr Häuschen von der Stadt bekommen. Sofort nach einem Auszug werden leere Häuser zugemauert. Die Kamera ist als Langzeitbeobachtung dabei, dokumentiert die einzelnen Veränderungen.

Der letzte Akt des Filmes heißt: Das Nichts. Die Zerstörung hinterlässt das Nichts. Noch während einige Häuser bewohnt sind, beginnt der Abriss. Starke Bilder, starke Töne, wenn die Baggerschaufel Mauern einreißt. Es gibt keinen gesprochenen Kommentar, die Wertung erfolgt durch die Auswahl der Bilder. Filmmusik fehlt fast völlig, bis auf ein paar dissonante Töne.

Erst über dem Abspann läuft ein, nein das Protestlied des Konfliktes: Es heißt wie der Originaltitel des Filmes „No-Res“. Pau Llonch singt hier in einem mit Metalcore angereicherten HipHop-Stück davon, wie die Polizei und die Verwaltung für die kapitalistische Vermarktung ein lebendiges Quartier zerstören. Aber der Film ist keine platte Widerstandshymne. Oft wird der Protest der für den Erhalt Aktiven in seinem Nebeneinander mit dem sich Arrangieren der meisten BewohnerInnen gezeigt, die sich mit dem Verschwinden der alten Arbeiterwohnkultur abfinden.

Der Regisseur Xavier Artigas ist bei der Deutschlandpremiere zu Gast (am 7. / 8. 7.). Er drehte zahlreiche Dokumentationen und Videos für das staatliche spanische und katalanische Fernsehen.

Artigas ist aktiv in der Occupy-Bewegung, der Indignados und auch dort filmerisch aktiv. Seit den heftigen Auseinandersetzungen vor der Olympiade 1992 in Barcelona ist die Stadt dafür bekannt, dass zur Gentrifizierung der Widerstand gegen diese dort dazugehört.

GASTON KIRSCHE Sa um 20 Uhr & So um 21 Uhr im B-Movie, Brigittenstraße 5, St. Pauli