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: Die Sache mit dem Halteverbot

Mit vier Monaten Verzug ist jetzt doch noch ein Zettel über 225 Euro Abschleppkosten eingetroffen. Dabei hatten wir uns langsam schon Hoffnung gemacht, dass uns unerwartet Anstand, Kulanz und Augenmaß entgegengebracht würden. Doch natürlich kennen der Staat und seine Häscher keine Gnade. Diese Sachwalter der Destruktion haben kein Herz und vermögen nicht eigenständig zu denken.

Sie sind einfach nur perfekte Maschinen eines kalten und unreflektierten Selbstzwecks; unerbittlich wie die Eule, die mit starrem Blick ihre Krallen in das Katzenjunge schlägt, das nachts vor der verschlossenen Türe maunzt. Dann ist es still. Drinnen in ihrem Bettchen wartet die kleine Lieselotte vergeblich aufs geliebte Kätzchen. Das kömmt nun nimmermehr. Tränennass das Kissen. Vor dem Eulenhorst liegt Gewölle. Haare, Knochen und das Halsband mit dem Silberglöckchen. Trauer und Verzweiflung. Aaskäfer. Polizei. Telefon. Man hat unser liebes, kleines Auto abgeschleppt.

Schuld ist natürlich das Team von PandemiX Film. Wie kann man denn bitte mitten im dicksten Januar-Lockdown mobile Halteverbotsschilder am Spreeufer aufstellen lassen? Nur um in dieser Zeit einen Film zu drehen, auf dem zum millionsten Mal – wie originell – die Oberbaumbrücke zu sehen ist. Dafür, dass verantwortungsvolle Menschen auf dem Peak der Pandemie nicht unnötig rausgehen und rumfahren, bestrafen die perfiden Schweine sie auch noch, indem sie ihnen unbemerkt die Karre abschleppen lassen. Wer macht so etwas, was sind das für Leute, das ist doch krank? Schon im Januar hätte ich es daher wissen müssen: Filmschaffende und Corona – das ist wie König Midas und sein Gold: bei aller Anziehungskraft kein so richtig glückliches Händchen.

Wie ich die Schweine hasse! Nacht für Nacht wälze ich mich seit jenem Tag im Januar stöhnend im stinkend heißen Sud meines ohnmächtigen Zorns und sinne auf Rache.

Ihr alle dort draußen könntet mir einen ganz großen persönlichen Gefallen tun: Seht den Film, der dort gedreht wurde, bitte niemals und unter gar keinen Umständen an! Und auch keinen anderen unter Beteiligung von PandemiX Film. Ich will, dass diese Produktion im gesamten Weltall nie wieder auch nur einen kleinen Zeh auf den Boden bringt. Ich habe mir ihre völlige Vernichtung zur alleinigen Lebensaufgabe gemacht, und an dem Tag, an dem dieser Saftladen endlich pleitegeht, werde ich auf dem Bürgersteig vor dem Insolvenzgericht tanzen, singen und nackig mit Champagnerkorken knallen. Dazu lade ich euch alle ein, die komplette Weltbevölkerung, versprochen! Also bei jedem deutschen Film immer erst checken: Produktionsfirma? Ah, PandemiX Film. Bitte bloß nicht angucken, boykottiert die Schweine! Danke.

Jetzt, da die dritte Welle abzuflauen scheint, lasse ich die ersten beiden noch einmal Revue passieren. Bei der ersten war man noch so merkwürdig motiviert. Heute fragt man sich verwundert: motiviert, wozu, um Gottes Willen? Viele wirkten fast stolz, bei diesem neuen, großen Ding mit dabei sein zu dürfen: Mondlandung, 9/11, Pandemie. Alles war wie ein Spiel, wenn auch kein schönes. Masken und Desinfektionsmittel waren das Spielzeug. Die Regeln waren komisch. Man wusste nichts. Vielleicht wäre im Mai schon wieder alles überstanden, oder wir wären alle tot? Keine Ahnung. Das war schon spannend.

Bereits die zweite Welle war dann nur noch nervig. Corona im Winter ist eine Schnapsidee. Wer kommt denn auf so was? Da kann man ja gar nicht draußen sitzen. Dazu kommen Sorgen, Frust und Verdienstausfälle – die Schikanen der Filmfuzzis hätte es da nicht auch noch zusätzlich gebraucht. Uli Hannemann