piwik no script img

Die mit den Bienen tanzt

Schockiert darüber, dass sie Bäume und Pflanzen gar nicht mehr bewusst wahrnimmt, ging Brigit Strawbridge Howard auf eine persönliche Entdeckungsreise. Ein Ergebnis davon ist ihr Buch über Bienen

Als Naturforscherin und Wildlife-Gärtnerin bezeichnet sich Brigit Strawbridge Howard in ihrem Buch „Dancing with Bees. Meine Reise zurück zur Natur“. Das war mal anders. Als die Britin eines Tages in ihren frühen Vierzigern feststellte, dass sie mehr über die Französische Revolution als über die heimischen Vögel, Bäume und Wildblumen wusste, sei sie schockiert gewesen.

Schockiert nicht etwa deshalb, weil sie die Namen von Bäumen oder Pflanzen nicht wusste: „Man muss, um etwas lieben und schätzen zu können, nicht unbedingt seinen Namen kennen. Erschüttert war ich vielmehr aus dem einfachen Grund, dass ich aufgehört hatte, sie überhaupt wahrzunehmen.“ Also beschloss sie, die Natur um sich herum besser kennenzulernen, wieder mehr Kontakt zur Natur zu kommen. Dabei entdeckte sie auch ihre Begeisterung für Bienen – von denen es auf unserem Planeten mindestens 20.000 verschiedene Arten gibt.

Das rätselhafte Bienensterben, über das Anfang der 2000er-Jahre vermehrt in den Medien berichtet wurde, habe sie dazu veranlasst, sich intensiver mit der Welt der Bienen auseinanderzusetzen. So leistet beispielsweise die in Nordamerika beheimatete sogenannte Kürbisbiene den Löwenanteil bei der Erzeugung der meisten kommerziell angebauten Kürbisse. Und ohne eine planmäßige Honigbienenwirtschaft würden die riesigen kalifornischen Mandelplantagen nicht funktionieren. „Als mir klar wurde, in welchem Ausmaß die kommerzielle Bienenhaltung in Nordamerika betrieben wird, fing ich an, mir wirklich Sorgen zu machen – nicht nur um die Zukunft der Menschen, sondern um die der Bienen selbst.“ Denn für die Bienen bedeutet das oft Stress pur: „Im Jahr 2017 verfrachteten Wander­imker etwa 1,7 Millionen Honigbienenvölker nach Kalifornien oder transportierten sie innerhalb des Bundesstaats, wo sie über eine halbe Million Hektar Mandelplantagen bestäuben sollten. Diese Bienen kamen zu den 500.000 Kolonien dazu, die ohnehin schon in den Mandeltälern beheimatet waren.“ Allein der Mandelanbau sei darauf angewiesen, dass etwa 88 Milliarden Bienen auf Lastwagen aus ihren bis zu anderthalbtausend Kilometer entfernten Überwinterungsplätzen herangeschafft würden.

Mit ihrem Buch möchte Strawbridge Howard die Le­se­r*in­nen nicht nur auf diese Problematik hinweisen, sondern vor allem mit auf eine Entdeckungsreise in die Welt der Bienen nehmen. Sie tut das auf eine sehr lebendige und persönliche Weise. Sehr ausführlich teilt sie zum Beispiel ihre Faszination darüber, wie Hummeln den Winter überstehen, eine Hummelkönigin in ein neues Jahr startet, ein Nest baut und Nektar nach Hause trägt, ihre Eier legt und hegt. Oder über die Kuckucksbienen, die ihre Eier frech in fremde Nester legen. „Immerhin 80 der 270 in Großbritannien und Irland lebenden Solitärbienenarten machen das so.“ Auch Kuckuckshummeln seien bei der Aufzucht ihrer Jungen vollständig auf andere Hummeln angewiesen und hätten deshalb auch keinen eigenen Apparat zum Pollensammeln.

Ihr Mann Rob, ein Imker, den sie bei einer Tagung für ökologische Bienenhaltung kennengelernt hat, begleitet Strawbridge Howard bei ihren Entdeckungen und Reisen und bei ihren Bienenbeobachtungen im eigenen Garten. Gemeinsam kämpfen die beiden auch dafür, dass die natürlichen Habitate der Bienen unter Schutz gestellt und neue Lebensräume für sie geschaffen werden. Mit einem von recyceltem Pflanzenöl angetriebenen Doppeldeckerbus ist sie eine Zeit lang durch Großbritannien gereist und hat in Schulen und Gemeindezentren Einführungen in die Bienenkunde und das Bienensterben gegeben. Ihr Buch ist eine Fortsetzung davon.

88 Milliarden Bienen werden über 1.500 Kilometer auf Lkw herangeschafft

Kristina Simons

Brigit Strawbridge Howard: „Dancing with Bees. Meine Reise zurück zur Natur.“ Aus dem Engl.Dirk Höfer. 368 Seiten, Löwenzahn Verlag, 22,90 Euro.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen