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Die Antwort ist 42

Gegründet von Dokumentarfilmschaffenden will docfilm42 eine Plattform und ein Archiv für unabhängige Dokumentarfilme sein

Von Peter Nowak

„Der Stall ist das Wohnzimmer der Kühe und das muss sauber sein“, erklärte ein Bauer, der das Refugium seiner Tiere gründlich reinigt. Ein anderer Landwirt spricht über die Würmer, die in den verschiedenen Lagen des Erdreichs leben und durch falschen Dünger abgetötet werden, mit Folgen für das ökologische Gleichgewicht. Eine Bäuerin schwärmt davon, dass Buttern ihr Lebensinhalt ist, während sie eine neue Portion Butter mit großer Freude formt und verpackt.

Das sind einige der Szenen aus dem Film „Aus Liebe zum Überleben“, in dem der Regisseur Bertram Verhaag acht Bäuerinnen und Bauern begleitet, die eine Landwirtschaft ohne die Verwendung von Gift betreiben, die Zerstörung der Bodenfruchtbarkeit vermeiden und ihre Produkte möglichst ohne lange Anfahrtswege zu den VerbraucherInnen bringen. Verhaag zeigt Bilder von glücklichen Kühen und Menschen, die manchmal doch sehr naturromantisch ausfallen.

1987 hatte Verhaag den Film „Spaltprozesse“ über den damals in der bayerischen Opferpfalz geplanten Bau der Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf gedreht, der in der starken bundesweiten Anti-AKW-Bewegung auf viel Resonanz stieß. Seitdem widmete sich Verhaag dem ökologischen Film. So drehte er mehrere Filme über die Gefahren der Gentechnologie.

In den letzten Jahren sei er zunehmend dazu übergegangen, in seinen Filmen umweltfreundliche Alternativen zu zeigen, erklärte der Regisseur am Sonntagabend im Gespräch mit dem Publikum auf der Plattform docfilm42 (docfilm42.de). Zuvor war dort „Aus Liebe zum Überleben“ gestreamt worden. Er konnte wie viele Filme, die im in den letzten zwei Jahren erschienen sind, nur wenige Wochen in Programmkinos gezeigt worden, bevor diese wegen der Coronapandemie schließen mussten. Dass er jetzt wieder zugänglich ist, erfreute zahlreiche ZuschauerInnen aus Deutschland, der Schweiz und Österreich, die sich am Sonntag an der Publikumsdiskussion nach dem Streaming beteiligten. Viele von ihnen sind in Projekten der solidarischen Landwirtschaft engagiert.

Zahlreiche TeilnehmerInnen betonten, wie wichtig ihnen der Austausch über Filme ist, den es in Vor-Corona-Zeiten in vielen Programmkinos gegeben hat. Das von Fil­me­ma­che­r:in­nen betriebene Projekt dokfilm42 ist aber aus gutem Grund schon vor Corona konzipiert worden. „Wir haben festgestellt, dass viele gute Filme, hinter denen oft jahrelange, sorgfältig recherchierte und intensive Arbeit steckt, schnell wieder aus der Öffentlichkeit verschwinden und kaum noch aufzufinden sind“, erklärt die Berliner Dokumentarfilmerin Susanne Dzeik die Motivation für die von ihr mitgegründete Plattform.

Online gegangen ist die Plattform parallel zum DOK Filmfest in Leipzig im November 2019. Wenige Monate später bekam docfilm42 im Lockdown noch mal eine besondere Bedeutung. Seit dem Spätsommer letzten Jahres werden regelmäßige Onlineveranstaltungen mit den Filmen und den anschließenden Gesprächen mit der Regie und oft auch den ProtagonistInnen auf der Plattform angeboten. Gleichzeitig ist die Plattform docfilm42 – die Zahl verweist auf ein Zitat der mehrfach verfilmten Roman- und Hörspielreihe „Per Anhalter durch die Galaxis“ – auch ein Archiv des Dokumentarfilms. Informationen über die einzelnen Filme werden gesammelt. Die Plattform kooperiert mit dem Streamingdienst Sooner, wo die Filme kostenpflichtig angesehen werden können.

Die BetreiberInnen der Plattform haben in das Projekt viel ehrenamtliche Arbeit investiert. Für einige externe Tätigkeiten wird allerdings dringend Geld gebraucht. Um die finanzielle Basis der Plattform zu verbessern, wurde eine Crowdfunding-Kampagne auf Startnext gestartet.

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