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Archiv-Artikel

Kinder fördern will gelernt sein

BILDUNG Der Senat will Kinder besser unterstützen, gibt dafür aber aus Sicht der Eltern nicht genug Geld aus. Zudem verzichte er freiwillig auf Kita-Beiträge von Besserverdienern

Das Ziel ist groß und politisch wenig umstritten: Kinder sollen schon vor der Schule unabhängig vom familiären Hintergrund in Kitas bestmöglich gefördert werden. Entsprechende Leitlinien hat der rot-rote Senat bereits 2005 auf 130 Seiten im Berliner Bildungsprogramm festgelegt. Die Praxis aber ist deutlich weniger harmonisch: Eltern, Erzieherinnen und Oppositionsparteien werfen dem Senat vor, viel vorzuschreiben, aber nicht das nötige Geld dafür auszugeben.

■  Das Personal: Die Personalausstattung sei seit 30 Jahren nicht verbessert worden, kritisierten schon im Juni Eltern, Erzieher und die Gewerkschaft GEW. Im Schnitt betreut in Berlin eine Erzieherin oder ein Erzieher 18 Kinder. Nach GEW-Schätzung sind 1.500 bis 2.000 neue Stellen notwendig.

■  Das Sprachlerntagebuch: Zu den zusätzlichen Aufgaben des Kita-Personals gehört es, die Sprachentwicklung der Kinder zu dokumentieren. Das soll im 2006 eingeführten Sprachlerntagebuch passieren. In einem Vorwort von Bildungssenator Zöllner heißt es: „Gehen Sie auf die Erzieherinnen zu, wenn es Unklarheiten gibt, Sie Informationsbedarf haben oder sich darüber austauschen wollen, wie die Sprachentwicklung unterstützt werden kann.“ Woher das Kita-Personal die Zeit dafür nehmen soll, schreibt er nicht.

■  Die Klage: Um mehr Geld für die Bildung zu erzwingen, strebt der Landeselternausschuss Kita (Leak) ein Volksbegehren an. Der Senat aber hatte eine solche Abstimmung abgelehnt: Sie greife zu tief in die Budgethoheit des Parlaments ein. Die Initiatoren zogen vor das Verfassungsgericht, das am 6. Oktober entscheiden will. Bei der mündlichen Verhandlung deutete sich ein Erfolg der Initiative an.

■  Die Kita-Gebühren: Der Senat muss 2010/2011 über 5 Milliarden Euro neue Schulden machen. Nichtsdestotrotz hält Rot-Rot daran fest, die Kita-Beiträge – außer für die Krippe – komplett zu streichen. Die Fraktionschefin der Linkspartei, Carola Bluhm, hatte im Juli angeregt, zumindest die Besserverdienenden weiter bezahlen zu lassen. Bei der entscheidenden Abstimmung im Senat vor 14 Tagen stimmte ihre Partei aber der Beitragsfreiheit zu. In einer Umfrage des Leak im Mai unter fast 2.400 Eltern hatten über 90 Prozent bessere Bildung höher bewertet als Beitragsfreiheit.

■  Die Opposition: Für die Grünen schiebt der Senat dringend notwendige Qualitätsverbesserungen „weiter auf die lange Bank“. Die FDP nennt die Senatspolitik „unfinanzierbar und populistisch“ und fordert gute statt billige Kitas sowie einen Verzicht auf die Beitragsfreiheit. Für die CDU besteht „ein eklatanter Widerspruch zwischen den Anforderungen des Senats an die Kitas und den von ihm selbst geschaffenen Rahmenbedingungen“. TAZ