Thomas Mauch hört auf den Sound der Stadt

Der Jazz. Eigentlich doch auch eine Wut-Musik. Wie Paul Landers, der Rammstein-Gitarrist, vor Kurzem in dem Rammstein gewidmeten SZ-Magazin mitgeteilt hat: „Klar bedeutet Jazz eigentlich Ärger. Aufstand. Furor. Den Jazz haben die Heulsusen vom Feuilleton aufm Gewissen, das ist natürlich eigentlich keine Cordhosenmusik.“ Was man einfach mal ausprobieren muss, mit oder ohne Cordhose, zum Beispiel bei der vom Jazzkeller 69 eingerichteten Jazzbühne in der Wagenburg Lohmühle, wo man den Sommer über schon den Jazz hören sollte, der nicht unbedingt für das Poesiealbum gedacht ist, und morgen am Samstag ist das neben dem Berlin Art Orchester das Sean Bergin/Tobias Delius-Quartett. Mit der Einschränkung, dass Sean Bergin, der aus Südafrika stammende und in den Niederlanden lebende Saxofonist und Flötenspieler, wegen einer schweren Erkrankung in Berlin fehlen wird. Anstatt seiner spielt Matthias Schubert, der sich kurzfristig mit dem Repertoire vertraut gemacht hat und daraus halt eigene improvisatorische Wege suchen wird. Auch mit Rex4thology lässt man den netten Fingerschnippbereich eher hinter sich. Das Ruhrgebietsquartett mit dem etwas albernen Namen um den Saxofonisten Ferdinand Rexforth macht einen kernigen, kratzbürstigen No-Wave-Jazz, am Dienstag im b-flat. Und um gleich bei den Saxofonisten zu bleiben: Peter Brötzmann. Ein Name, der eigentlich bei diesen hübschen Listen über die hundert kulturellen Dinge, die man vor seinem eigenen Ableben wenigstens einmal verrichtet haben sollte, so in etwa in den Top Ten stehen sollte. Einmal wenigstens Peter Brötzmann live spielen gehört zu haben. Dann wird man Paul Landers sofort verstehen. Die Möglichkeit dazu gibt es gleich mehrfach bei A L’Arme! Festival im Radialsystem. Schwergewichtsjazz von Mittwoch an bis Samstag. Highly recommended.

■ Bergin/Delius-Quartett: Lohmühle, Sa., 19 Uhr. Eintritt frei

■ Rex4thology: b-flat, Di., 21 Uhr. 10/8 €

■ A L’Arme!: Radialsystem, Mi.–Sa., Tagestickets 24/16 €