LESERINNENBRIEFE
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Wer verantwortet die Ergebnisse?

■ betr.: „Ups, wir haben regiert“, taz vom 10. 7. 12

Fiskalpakt, Rettungsschirm, Meldegesetz – all diese strittigen Gesetze wurden während der Fußball-EM durchgewunken, darauf spekulierend, dass keiner merkt, was da passiert! Und die Parlamentarier? Wie ernst nehmen die noch ihren Job? Sehen sie nicht längst selbst das, was sie tun (oder lassen), als Farce an, so wie eine beängstigend zunehmende Zahl der Bürger? 23 Bundestagsabgeordnete (von 620) sind auf eurem Titelblatt bei der Abstimmung zu sehen, der Rest schaut Fußball. Wenn Fußball inzwischen auch bei unseren Eliten (bis in die EU-Spitzengremien!) wichtiger geworden ist als Politik, warum werden dann während solcher Events Bundestagsdebatten und Krisengipfel abgehalten? Wer verantwortet die Ergebnisse? Angesichts dieses erbärmlichen Zustands unserer parlamentarischen Demokratie, die uns immer stärker diktaturanfällig macht, wäre eine Änderung der Bundestagsgeschäftsordnung das Mindeste, das zu fordern ist: Die Beschlussunfähigkeit bei weniger als der Hälfte an anwesenden Abgeordneten muss automatisch gelten, nicht auf Antrag! SABINE MIEHE, Marburg

Mehr Respekt bitte!

■ betr.: „Schlimmer als Facebook“, taz vom 9. 7. 12

Als Bürger, die Kontrolle über seine eigenen persönlichen Daten zu haben und dabei als Konstante ein selbstbewusstes Gefühl von Mündigkeit mit durch das Leben zu tragen, das ist ein gutes Gefühl! Es kann nur die Ironie des Schicksals sein, dass jetzt ausgerechnet der Staat meine Daten ohne große Hindernisse an profitorientierte Einrichtungen verkaufen möchte. Das wäre der Ausverkauf, die wirkliche Verabschiedung von dem dringend nötigen Respekt des Staates gegenüber uns Bürgern in diesem Land.

Ein Problem entsteht, das wirklich jeden Bürger in diesem Land betrifft. Es geht um die Frage nach dem Zustand unseres parlamentarischen Systems, ob dieses eine hinreichende Legitimitätsgrundlage von Gesetzesbeschlüssen schafft, die entsprechend ohne direkte Einwirkungsmöglichkeit des Bürgers entstehen. Der Ruf nach einer Form von Volksabstimmung auf Bundesebene könnte also evidenter nicht sein. Also liebe Datensammler: mehr Respekt bitte!

ROMAN MEYER, Mannheim

Bundestagsdebatten – eine Farce

■ betr.: „Der Bundestag verstimmt sich“, taz vom 9. 7. 12

Abgesehen vom hirnrissigen Inhalt und peinlichen Zustandekommen des verabschiedeten Gesetzestextes offenbart der Vorgang erneut, dass es sich bei Bundestags„debatten“ oft um eine Farce handelt. Wieso gibt es wohl den Mechanismus der zweiten und dritten Lesung? Damit die Abgeordneten sich Zeit nehmen können, Gesetzestexte in Ruhe abzuwägen. Die Geschäftsordnung darf nicht erlauben, das an einem Sitzungstag, geschweige denn in einer Minute, abzufrühstücken. Außerdem kommt mir in der Diskussion über das Meldegesetz die bei der Herdprämie noch viel beachtete Beschlussfähigkeit des Parlaments viel zu kurz. Bei der Abstimmung waren etwa 30 Mitglieder des Bundestags (MdB) anwesend. Notwendig wären jedoch mehr als 300 MdB gewesen. Wieso wird das beim Meldegesetz weder von Opposition, Bundestagspräsidium noch von den Medien thematisiert? HENNING KRAUSE, Köln

VS ersatzlos abschaffen

■ betr.: „Umbaupläne für den Geheimdienst“, taz vom 9. 7. 12

Herr Neskovic sollte sich überlegen, ob sein Vergleich „Verfassungsschutz = Feuerwehr“ wirklich zutrifft. Hier geht es um nicht weniger als zehn Morde, vierzehn Banküberfälle und zwei Sprengstoffanschläge mit zahlreichen Verletzten, die diese Schlapphüte nicht haben verhindern können! Der VS gibt (besonders, aber nicht nur) in Thüringen seit Jahren ein geradezu jämmerliches Bild ab. Megapeinlich eigentlich, wenn Politiker sich erst mithilfe von Presseberichten ein Bild von der rechtsextremen Szene machen können.

Diese Organisation gehört bundesweit ersatzlos abgeschafft, die frei werdenden Mittel sollten Zivilcourage-Initiativen vor Ort und der Polizei fürs Anti-Neonazi-Training zur Verfügung gestellt werden.

RAINER BORSDORF, Ilmenau

Spitze absägen

■ betr.: „Verfassungsschutz. Der Versager vom Amt“, taz v. 11. 7. 12

„Ich galt als Spitzenkraft“ – Dann sägt ihm jetzt die Spitze ab!

MANFRED BAUER, Pforzheim

Wir sind der Staat

betr.: „Mehr als sechs Monate arbeiten für den Staat“,taz vom 9. 7. 12

Wer druckt eigentlich jedes Jahr diese populistische Meldung des Bundes der Steuerzahler ab, ohne nachzudenken? Denn wir arbeiten zwar mehr als sechs Monate im Jahr für den Staat (falls diese Rechnung stimmt), aber da wir der Staat sind, arbeiten wir für uns und kriegen für das Geld Schulen, Straßen, soziale Unterstützung usw. Dass vieles davon „unnütz“ oder „falsch“ (je nach politischem Standpunkt) sein mag, wäre eine andere Diskussion. Die wird auch vom dazugehörenden Kommentar nur angekratzt.

JÜRGEN SCHÖN, Köln