Neue Prioritäten am Tempelhofer Feld

WOHNEN Nach der IGA-Verschiebung sollen auf dem Gelände mehr Wohnungen entstehen als zunächst geplant – die Zahl ist noch unklar

„In Tempelhof soll der Fokus auf dem Wohnungsbau liegen“, so Müllers Sprecherin

Am kommenden Montag möchte die Bürgerinitiative „100 % Tempelhofer Feld“ Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) die Ehrenmitgliedschaft verleihen. Hintergrund sei dessen „Anerkennung des bürgerschaftlichen Engagements“. Müller hatte vor wenigen Tagen angekündigt, die Internationale Gartenbauausstellung (IGA) 2017 nicht wie geplant auf dem ehemaligen Flughafen zu organisieren. Doch jetzt sorgt Müller bei der Initiative für Verärgerung – er möchte auf dem Gelände mehr Wohnungen errichten als bisher geplant.

„Natürlich hat dieser Schritt etwas mit der IGA-Verschiebung zu tun“, sagte Müllers Sprecherin Daniela Augenstein am Freitag der taz. „Wir wollen in Tempelhof den Fokus auf den Wohnungsbau legen.“ Wie viele zusätzliche Wohnungen entstehen sollen, sei bisher noch nicht klar. Derzeit arbeite die Senatsverwaltung an einer „Flächenkulisse“. Es sei aber denkbar, beispielsweise am südlichen Rand des Flughafengeländes Wohnungen zu errichten. Bisher war dort ein Gewerbegebiet geplant, das an die Stadtautobahn grenzt. Die Wohnungen könnten zur Feldseite ausgerichtet sein, so Augenstein. Bereits vergangene Woche hatte die Industrie- und Handelskammer (IHK) mehr Wohnungsbau auf dem Tempelhofer Feld gefordert.

Die Bürgerinitiative „100 % Tempelhofer Feld“ lehnt den Bau von weiteren Wohnungen auf dem Tempelhofer Feld ab. „Diese Entscheidung ist absolut unvertretbar“, sagte der Vorsitzende Hermann Barges der taz. Die Initiative setzt sich für ein unbebautes Airportgelände ein und befürchtet, dass sich die geplanten Wohnungen vor allem an das Hochpreissegment richten. „Müller muss sich entscheiden, ob er auf der Seite der Anleger oder der Anwohner steht.“

Müllers Sprecherin Augenstein weist diese Bedenken zurück. „Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir ein gemischtes Quartier haben wollen.“ Dabei werde man auch mit Wohnungsbaugesellschaften- und -genossenschaften zusammenarbeiten. Der große Park in der Mitte des Tempelhofer Felds solle erhalten bleiben. „Zusätzlicher Wohnungsbau bedeutet nicht automatisch mehr Fläche, man kann auch über eine größere Dichte nachdenken.“ JOHANNES KULMS