Söder greift Laschet an

Die Union kommt in der Frage der Kanzlerkandidatur nicht zur Ruhe

Markus Söder stellt mit deutlicher Kritik am gemeinsamen Kanzlerkandidaten Armin Laschet die gerade beschworene Einheit der Union infrage. In Interviews der Süddeutschen Zeitung und der Nürnberger Nachrichten warf Bayerns Ministerpräsident dem CDU-Chef am Wochenende eine veraltete Vorstellung von Politik vor. Er und Laschet hätten ein „unterschiedliches Verständnis von Demokratie“, so Söder. Zwar betonte der CSU-Chef, dass er Laschet unterstützten wolle. Doch fügte er hinzu, dass ihn Laschets Kandidatur „nicht überzeugt“ habe.

Laschet reagierte betont gelassen. Er müsse „schmunzeln“, wenn die CSU nach jahrelanger Kritik an Kanzlerin Angela Merkel nun behaupte, man müsse sich am Zeitgeist orientieren, so der nordrhein-westfälische Ministerpräsident zu Radio Bremen. Angefacht wird die Debatte durch Umfragewerte, die die Union teilweise hinter den Grünen sehen. Aus der CDU wird Söder vorgeworfen, der Union mit seinen erneuten Attacken zu schaden.

Söder hatte am Dienstag seinen Rückzug aus dem Rennen um die Kanzlerkandidatur der Union erklärt und betont, dass er das deutliche Votum des CDU-Bundesvorstands für Laschet „ohne Groll“ akzeptieren werde. Unterstützung für Söder hatte es auch in der CDU gegeben. Am Donnerstag ging die bayerische Regionalpartei in die Offensive mit einer bundesweiten Werbung um Unterstützer bei enttäuschten CDU-Anhängern mit sogenannten Online-Mitgliedschaften. Traditionell beschränkt sich die CSU auf Bayern und die CDU auf alle übrigen Bundesländer. Bei dem kostenpflichtigen Angebot der CSU handelt es sich aber nicht um Vollmitgliedschaften.

Am Samstag heizte Söder den Konflikt in der Union dann mit den beiden Interviews an. Der CSU-Chef stellte Laschets inhaltliche Ausrichtung und das Entscheidungsverfahren infrage und lobte die Grünen. „Ich glaube nicht, dass es klug ist, nach den progressiven Merkel-Jahren eine Politik ‚Helmut Kohl 2.0‘ aus der Vergangenheit zu machen“, sagte Söder der SZ auf die Frage, was ihn von Laschet unterscheide. „Keiner will die alte Union aus den 90er Jahren zurück. Wir brauchen einen politischen New Deal statt Old School.“ Er kritisierte mit Blick auf Laschet: „Mich hat auch die Begründung der Kandidatur nicht überzeugt. Ich stehe für eine Modernisierung im Programm.“

Söder hatte am Montag noch betont, dass er ein Verfechter der repräsentativen Demokratie sei. Am Samstag sagte er dann in Anspielung auf den CDU-Bundesvorstand, dass der Glaube „nicht mehr zeitgemäß“ sei, politische oder personelle Entscheidungen in Gremien „völlig unabhängig von der Basis und den Erwartungen der Menschen zu machen“. Seine Bemerkung, dass die CDU in „Hinterzimmern“ entschieden habe, sei aber „nicht abwertend“ gemeint, sagte Söder der SZ.

Dass er selbst in vier Jahren erneut eine Kanzlerkandidatur anstrebe, bezeichnete Söder in den Nürnberger Nachrichten als „außerordentlich unwahrscheinlich“. „Denn entweder regiert Armin Laschet die nächste Amtszeit oder wir werden eine sehr lange Amtszeit einer jungen Bundeskanzlerin erleben“, fügte Söder in Anspielung auf Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock hinzu. „Denn das darf keiner unterschätzen: Die Union befindet sich in einer schweren Notsituation.“ Der SZ wiederum sagte Söder, dass Laschet „eh Kanzler“ werde. (rtr)

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