der wochenendkrimi
: Gender Trouble!

„Polizeiruf 110: Vergewaltigt“, So, 20.15 Uhr, ARD

Auf dem Seziertisch liegt eine männliche Leiche, der man fachmännisch das Gemächt abgetrennt hat. Die Gerichtsmedizinerin, die das separierte Körperteil an den Rumpf des Toten anpasst, bestätigt: „Er gehört ihm. Und er war Linksträger.“

Ein bisschen Heiterkeit darf dann auch mal sein in diesem Brandenburger Polizeiruf, in dem ansonsten die Geschlechter denkbar grimmig gegeneinander positioniert und ausgespielt werden – auf der einen Seite steht die Solidargemeinschaft der Frauen, auf der anderen die unheilige Allianz der Männer.

Eine junge Frau wurde vergewaltigt. Ein Familienvater hat die Tat begangen, ein anderer schaute zu. Doch weil Polizeihauptmeister Krause (Horst Krause) ein Privatvideo lanciert, das Opfer und Peiniger auf einem Dorffest eng umschlungen tanzend zeigt, geht der Staatsanwalt bequemerweise davon aus, der Geschlechtsakt hätte in beiderseitigem Einverständnis stattgefunden. Kommissarin Herz (Imogen Kogge) kämpft verzweifelt gegen die männliche Kumpanei an, um der jungen Frau zu ihrem Recht zu verhelfen.

Der Justizthriller (Buch: Stefan Kolditz, Regie: Christian von Castelberg) entwickelt zwar bei weitem nicht die analytische Schärfe, mit der Dominik Graf unlängst in dem bayerischen Polizeiruf „Der scharlachrote Engel“ die fragwürdige juristische Verfügbarmachung des weiblichen Opferkörpers darstellte.

Doch das exzellente Ensemble zeigt ohne falsche Theatralik die Zumutungen dubioser Rechtsprechung: Devid Striesow spielt den Staatsanwalt mit kühler Akkuratesse; Anna Maria Mühe hält als Darstellerin des Opfers geschickt die Balance zwischen Verletzbarkeit und Aufbegehren. So erinnert sie ein wenig an Jodie Foster in dem Gerichtsdrama „Angeklagt“, das diesem Polizeiruf offensichtlich als Inspiration gedient hat.

Trotzdem wirkt die Verschworenheit der Frauen zum Teil arg konstruiert, etwa wenn sich die Ehefrau des Täters mit dem Opfer solidarisiert. Oder wenn dieselbe Ehefrau von der ermittelnden Kommissarin wissen will: „Wissen Sie, was Ihr Mann gerade macht?“ Die Männer, hier stehen sie unter Generalverdacht.

CHRISTIAN BUSS