: Zelayas Dilemma
Die honduranische Verfassung schließt die Wiederwahl eines Präsidenten ausdrücklich aus
Die Verfassung von Honduras ist in besonderem Maße gegen Veränderungsbestrebungen geschützt. Sie wurde in den 1980er-Jahren als Instrument gegen die Tradition von Staatsstreichen und Militärregimes geschaffen und schließt die Wiederwahl eines Präsidenten kategorisch aus. Jeder, der dieses Verbot in Frage stellt, macht sich außerdem laut Artikel 42 Absatz 5 strafbar. So lautet nun der Vorwurf gegen den entmachteten Manuel Zelaya. Er hatte die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung angestrebt und wollte sich mit Hilfe einer unverbindlichen Volksbefragung dafür ein Mandat holen. Selbst das ist nicht vorgesehen.
Dass nun Zelaya auf diesem Wege eine zweite Amtszeit anstrebte, wie die Putschisten behaupten, entbehrt der Grundlage. Zelayas Nachfolger wird Ende November gewählt. Von der Zulassung der Wiederwahl, sollte eine gleichzeitig gewählte verfassunggebende Versammlung eine solche beschließen, könnte Zelaya selbst nicht mehr profitieren. Ihm ging es um die Verankerung partizipativer Instrumente, um die beharrlichen, reformunwilligen Kräfte in den Institutionen zu umgehen.
Das Land ist praktisch seit der Unabhängigkeit zwischen der Nationalen Partei und der Liberalen Partei aufgeteilt – sie vertreten die verschiedenen Zweige der Oligarchie. Die Armee sichert diese Herrschaft ab. Es sind diese herrschenden Gruppen, die den Staat als Selbstbedienungsladen betrachten, profitable Staatsbetriebe zu ihren Gunsten privatisieren, Freihandelsverträge abschließen, von denen nur ein paar Exporteure und Importeure profitieren, und teure Megaprojekte planen, bei denen sich Funktionäre und Unternehmer bereichern können. Einige der Putschisten sollen außerdem dem erzkonservativen Opus Dei nahestehen, darunter Außenminister Carlos López Contreras, seine Vizeministerin Marta Lorena Alvarado de Casco und Ricardo Álvarez, Bürgermeister von Tegucigalpa.
Anfangs stand ein großer Teil der honduranischen Bevölkerung dem Staatsstreich passiv gegenüber. Doch die Repression, die Einschränkung der Meinungsfreiheit und die Rücknahme populärer Gesetze der Zelaya-Zeit haben den Abgesetzten zu einem Hoffnungsträger werden lassen. RALF LEONHARD