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Archiv-Artikel

Diagnose: SPD-Neuausrichtung tut not. Therapie? Unklar

Die Sozialdemokraten diskutieren über den roten Faden ihrer Politik. Sie wollen selbstbewusstere und streitbarere Mitglieder, die sie selbst offenbar in den vergangenen Jahren nicht waren. In welche Richtung die großen Leitlinien deuten, können sie aber auch nicht konkretisieren – noch nicht

Von KY

Bremen taz ■ Die Frage war rhetorisch gemeint: „Brauchen wir sie noch, die alte Tante SPD?“ wollten die Veranstalter der SPD-Bürgerschaftsfraktion von den Teilnehmern ihrer Diskussionsveranstaltung am Samstag wissen. Und vom Staatsrat bis zum einfachen Sympathisanten der SPD pflichten wohl alle den beiden Gästen, Alt-Bürgermeister Hans Koschnick und dem ehemaligen Juso-Vorsitzenden und Mitglied im SPD-Bundesvorstand, Niels Annen, bei. Die beiden gehen zwar hart mit ihrer Partei ins Gericht, werben aber auch für sie.

Eines ist schnell klar: Wenn es nach dem Publikum geht, muss die Partei inhaltlich und organisatorisch neu ausgerichtet werden. Neuwahlen und die Agenda 2010 seien im kleinen Kanzler-Beraterkreis beschlossen worden, klagt Niels Annen. Die Partei werde zu wenig gehört, das Potenzial aus den Köpfen ihrer Mitglieder nicht abgerufen. Anders als bei den beiden sozialdemokratischen Bundeskanzlern vor Gerhard Schröder, wache die Partei erst auf, wenn die Abwahl droht. Immer wieder weist Hans Koschnick darauf hin, wie wichtig die Bindung an die Arbeitnehmervertreter sei. Er fordert eine stärkere Unterfütterung sozialdemokratischer Entscheidungen, etwa bei der Reform des Arbeitsmarktes und der Rentensysteme.

Letztlich glückt an diesem Vormittag die Diagnose am Patienten SPD. Was fehlt, ist die Therapie. Die Genossen wollen sich einbringen, wollen verändern, stärker mit den Parteispitzen diskutieren. Doch sie vernachlässigen, dass ihnen in den vergangenen Jahren viele Anhänger von der Fahne gegangen sind. Und keiner kann sagen, was sich genau ändern soll an Hartz IV, an dem Umbau der sozialen Sicherungssysteme und wie die ungleiche Verteilung der Einkommen austariert werden soll. Das Herz der Sozialdemokratie schlägt noch, vielleicht schlägt es sogar etwas weiter links als in den vergangenen Jahren. Doch reicht es, um die darniederliegende Partei wieder mit ausreichend Energie zu versorgen? KY