: Links sein lohnt sich wieder
Die Umbenennung der Bundes-PDS in „Linkspartei“ setzt die zerstrittenen Landesverbände von PDS und WASG unter Druck. Nur ein Waffenstillstand bis zur Bundestagswahl garantiert Wählerstimmen
von MATTHIAS LOHRE
Der Ausblick auf ein zweistelliges Wahlergebnis bei der Bundestagswahl dämpft so manche Schmerzen. Beispielsweise die der chronisch zerstrittenen Landesverbände von PDS und WASG. Nach der gestrigen Entscheidung der PDS-Bundesdelegierten für die Umbenennung in „Die Linkspartei“ beißen sich Vertreter beider Landesverbände auf die Zunge, um ja nichts Schlechtes über den anderen zu sagen.
Dabei gibt Stefan Liebich den Ton vor. „Wir müssen die Scharmützel einstellen und uns inhaltlich miteinander auseinander setzen“, sagte der PDS-Landes- und Fraktions-Chef. WASG-Landesvorstand Tom Maier assistiert, die Umbenennung sende ein „positives Signal“. Beide Seiten bestätigten, dass sich noch in dieser Woche VertreterInnen beider Seiten zu einem dritten Gespräch treffen werden, um über die Wahlkampfführung in der Hauptstadt zu beraten.
Nach der Dreiviertelmehrheit unter den PDS-Bundesdelegierten für die Umbenennung ist der Berliner Landesverband am 6. und 7. August an der Reihe. Die LandesvertreterInnenversammlung muss der Übernahme des Namens in die Satzung ihren Segen erteilen – mit Zweidrittelmehrheit. „Eine Herausforderung“, gibt Liebich zu. Immerhin müssen manche Delegierte für die Entscheidung ihren Urlaub unterbrechen oder notfalls ihr Mandat abgeben. Noch dazu für einen Schritt, der an der Basis der Berliner PDS denkbar unbeliebt ist. Schließlich hat sich der hiesige Arm der WASG im Protest gegen die als neoliberal empfundene Regierungspolitik der PDS gegründet. Liebich gibt sich dennoch selbstsicher: „Wir schaffen das.“ Die Berliner Parteitagsdelegierten hätten schon bei einer Probeabstimmung am Sonntag morgen einstimmig für den neuen Namen votiert. Geht alles glatt, hat die Hauptstadt ab August eine SPD-Linkspartei.PDS-Koalition. Auf das Kürzel nach dem Punkt wollen die Sozialisten nicht verzichten.
Mehr als eine symbolische Verschmelzung von PDS/Linkspartei und Wahlalternative wird die Hauptstadt in den kommenden Monaten jedoch nicht erleben, schätzt der Ex-WASG-Vorstand Helge Meves. „Erst nach der Bundestagswahl können wir schauen, was auf Landesebene geht.“ Entsprechend hart gibt sich Liebich mit Blick auf die von seiner Partei mitgetragene Umsetzung der Hartz-IV-Gesetze: „Es gibt keinen Kurswechsel.“
Das Lavieren zwischen Oppositions- und Regierungspolitik scheint beiden Parteien jedoch nicht zu schaden – im Gegenteil. Eine am Samstag veröffentlichte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der Berliner Zeitung besagt: Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, bekäme das Linksbündnis in Berlin aus dem Stand 23 Prozent der Stimmen. Die PDS allein käme demnach auf 12 Prozent.
Der bisherige Hochmut der Berliner Genossen gegenüber den WASGlern könnte übrigens bald schwinden. Die Prognosen für die Abgeordnetenhauswahl, bei der WASG und Noch-PDS im nächsten Jahr getrennt antreten wollen, sehen die Sozialisten bei nur 13 Prozent – ein Minus von 3 Prozent. Klarer Gewinner: die WASG mit 6 Prozent.
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