piwik no script img

Archiv-Artikel

Harte Vorwürfe an Ecuador: Wer sich wehrt, ist Terrorist

ECUADOR Amnesty International beklagt gezielte Kriminalisierung vieler sozialer Proteste

Von PKT

BERLIN taz | In Ecuador werden Proteste gegen Erdöl- oder Bergbauvorhaben regelmäßig kriminalisiert – ein klarer Verstoß gegen nationales und internationales Recht. Lokale Führungspersönlichkeiten der oftmals indigenen Proteste werden mit harten Anschuldigungen wie „Terrorismus“ und „Sabotage“ überzogen und müssen oft jahrelang darum kämpfen, wegen dieser falschen Beschuldigungen nicht verurteilt zu werden – auf den Kosten dieser Prozesse bleiben sie in der Regel sitzen.

Zu diesem Ergebnis kommt ein neuer Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, der am Dienstag vorgestellt wird. Die Organisation hat die Jahre 2009 bis 2011 untersucht, Dutzende von Prozessen verfolgt und unzählige Gespräche mit MenschenrechtsverteidigerInnen und Beamten des Justiz- und des Innenministeriums geführt.

Rund um die Einführung des Bergbau- und des Wassergesetzes in den Jahren 2008 und 2009 etwa, die ersten Regierungsjahre des derzeitigen Präsidenten Rafael Correa, hatte es eine ganze Reihe von Protesten gegeben. Der als Linker angetretene Correa selbst kanzelte die Protestierenden als rückwärtsgewandte Störenfriede ab, die der Modernisierung Ecuadors im Wege stehen würden – und etliche Anführer der indigenen Dachorganisation Conaie sahen sich mit Prozessen konfrontiert, in denen sie der Staatsfeindlichkeit, der Sabotage oder des Terrorismus bezichtigt wurden.

Zwar enden diese Prozesse in der Regel ergebnislos – meist kann die Staatsanwaltschaft nicht einmal beschreiben, in welche „terroristischen“ Aktivitäten die Beschuldigten involviert gewesen sein sollen oder worin ihre Teilnahme bestanden habe. Doch die Beschuldigung an sich, oft verbunden mit Festnahme oder Verhaftung und mindestens rüder Behandlung durch die Polizei, zwingt die Aktivisten, sich mit ihrer eigenen Verteidigung zu beschäftigen statt mit dem Protest.

Der Amnesty-Bericht verdeutlicht auch, wie weit die ecuadorianische Regierung, die sich gern damit schmückt, indigene Rechte und den Schutz der Natur in die neue Verfassung aufgenommen zu haben, hinter ihren eigenen Ansprüchen zurückbleibt, die einmal die demokratische Mitsprache der Indigenen vorgesehen hatten. PKT