: Kaum Silberstreif für Hamburger Alu-Hütte
Neuer Investor von Belegschaft und Wirtschaftssenator gesucht. Schuld ist natürlich die rot-grüne Energiepolitik
HAMBURG taz ■ Knapp 200 Beschäftigte und Angehörige des von der Schließung bedrohten Hamburger Aluminumwerks (HAW) haben am Sonnabend in der Hamburger Innenstadt für die Erhaltung ihrer Arbeitsplätze demonstriert. Nachdem Verhandlungen zwischen den Gesellschaftern, dem Senat und dem Energieversorger HEW/Vattenfall in der vergangenen Woche gescheitert sind, steht der größte Teil des Werks endgültig vor dem Aus.
Betriebsrat und Wirtschaftsbehörde haben aber die Hoffnung noch nicht aufgegeben, einen Investor zu finden, der die Hütte weiterführt. „Ich bin mit sehr guten Leuten im Gespräch“, sagte Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU). Die Erfolgschancen bewertete er mit „fifty-fifty“.
Die bisherigen Gesellschafter – Norsk Hydro, Alcoa und Amag – wollen das Werk schließen, weil dessen langfristiger Stromliefervertrag mit der Vattenfall-Tocher HEW (Hamburgisch Electricitäs-Werke) zum Jahresende ausläuft. Nach einem starken Preisanstieg an der Leipziger Strombörse verlangte HEW/Vattenfall etwa 30 Prozent mehr für die Megawattstunde (MWh). Bei dem Alu-Werk hätte das Mehrkosten von bis zu 20 Millionen Euro pro Jahr zur Folge. Ein in letzter Minute eingereichtes Kompromissangebot der HEW lehnten die HAW-Gesellschafter vor vier Wochen ab. Sie wollen ihren Stilllegungsbeschluss nur zurücknehmen, wenn HEW einen mehrjährigen Stromliefervertrag zu einem Preis von weniger als 30 Euro pro Megawattstunde unterschreibe. Der Börsenpreis in Deutschland liegt aktuell allerdings bei mehr als 40 Euro.
Uldall hatte versucht, die HEW mit dem Hinweis auf einen möglichen Regierungswechsel im Bund zu einer Verlängerung ihres Liefervertrages um ein halbes Jahr zu überreden. Bis zum 30. Juni 2005 würde HEW erkennen können, ob die neue Regierung „eine neue Energiepolitik betreiben würde, die langfristig der deutschen Aluminiumproduktion eine internationale Wettbewerbsfähigkeit sichern könnte“, versprach der CDU-Politiker. Er stellte insbesondere eine Laufzeitenverlängerung für die Atomkraftwerke in Aussicht: Dies könne die Energieversorger um bis zu 200 Millionen Euro entlasten, so Uldall. Das Geld solle dann zum Teil dazu verwendet werden, einen speziellen Industriestromtarif einzuführen. Auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) müsse entschärft werden, um Vattenfall von den Extrakosten der vielen Windräder in seinem Versorgungsgebiet zu entlasten.
Auf dem Strommarkt müsse insgesamt mehr mehr Wettbewerb hergestellt werden, sagte Uldall. Das deutsche Netz müsse zum Beispiel mit mehr Koppelstellen für den Import billigen ausländischen Stroms versehen werden. Überdies dürften die CO2-Emmissionszertifikate, die den Kraftwerkbetreibern zum größten Teil kostenlos überlassen wurden, nicht einfach von den Energieversorgern auf die Strompreise geschlagen werden.
Der Kritik an der rot-grünen Energiepolitik trat Krista Sager entgegen. „Gerade Großverbraucher wie die HAW sind von der Ökosteuer oder der Abgabe nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz entweder freigestellt oder nur minimal belastet“, sagte die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag der taz. GERNOT KNÖDLER