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Auf Abschiedstour

Schalke 04 ist als Kollektiv zu schwach. Nach der 0:4-Pleite gegen Dortmund muss der Klub jetzt seine Zweitligaplanung forcieren

Aus Gelsenkirchen Daniel Theweleit

Nervös knetete Christian Gross seine ineinandergefalteten Hände, der Trainer des Tabellenletzten dachte fieberhaft nach. Aber das Ergebnis seiner Überlegungen blieb dürr wie die Leistung seines Teams beim 0:4 im Revierderby gegen Borussia Dortmund. Was ihn noch zuversichtlich mache, war der Trainer von Schalke 04 gefragt worden, nach langen Sekunden der Ratlosigkeit erwiderte er schließlich: „Der Glaube. Die Hoffnung stirbt zuletzt, ich glaube daran, dass wir wieder punkten können.“ Aber der erfahrene Fußballlehrer ist kein Fantast, besonders stark kann der Glaube nicht mehr sein nach diesem Spiel, das noch einmal die Chance geboten hätte, besondere Energien freizusetzen. Doch der Tabellenletzte hatte abermals sehr schlecht gespielt und war am Ende auseinandergefallen.

Es mögen ein paar gute Fußballer bei diesem Klub angestellt sein, doch als Kollektiv ist Schalke 04 einfach zu schwach für diese Liga. „Es ist eine beschissene Situation“, sagte Torhüter Michael Langer, der nach einer halben Stunde den an der Bauchmuskulatur verletzten Ralf Fährmann ersetzen musste.

Viele Anhänger sind nun nur traurig, andere mögen verzweifelt sein, und eine Gruppe von rund 300 Leuten war so zornig, dass sie gut eine Stunde nach der Partie vor dem Stadion auftauchten. Auf der Suche nach einem Ventil für ihre Emotionen. Einige versuchten, in den Bereich der Arena einzudringen, wohl um Kontakt zu dieser legendären Verlierermannschaft aufzunehmen. An diesem Tag war es Benjamin Stambouli, der während der ersten Halbzeit zwei fürchterliche Ballverluste vor dem eigenen Strafraum produzierte, die erste Dortmunder Großchance, die sich daraus ergab, vergab Jadon Sancho noch, die zweite nutzte der Engländer zum 0:1 (43.). Und als Erling Haaland zwei Minuten später mit einem Seitfallzieher traf, wie ihn sonst nur Spitzenkönner wie Zlatan Ibrahimovic oder Cristiano Ronaldo beherrschen, war diese Partie so gut wie entschieden.

Die von einigen Schalkern vertretene These, dass sie mit einem Anschlusstreffer in der kurzen Phase des Aufbäumens nach der Pause hätten zurückkommen können, wirkte wenig überzeugend. Dazu sind sie viel zu harmlos. Ganze fünf Torschüsse sind den Schalkern während der jüngsten vier Partien gelungen. Gross jammerte über die vielen Verletzten, Fährmann ist der neueste Mus­kelpatient, beim Aufwärmen hatte Shodran Mustafi seine Spielteilnahme absagen müssen. Klaas-Jan Huntelaar hat nach seiner Rückkehr noch kein Spiel für Schalke gemacht, Mark Uth fiel mit Oberschenkelproblemen aus, Gross sagte: „Wir fighten, ich bin ein Fighter, es geht darum, dass wir möglichst schnell alle Spieler wieder fit kriegen.“

Fünf Torschüsse sind den Schalkern in den jüngsten vier Partien gelungen

Das mag jetzt noch zutreffen, aber sehr bald wird es wohl eher darum gehen, die Planungen für eine Zweitligazukunft zu forcieren. Die Hauptarbeit der Klubführung wird demnächst darin bestehen, die vielen mit unangemessen hohen Gehältern bezahlten Spieler loszuwerden. Mit dem Ziel, eine Mannschaft zu konstruieren, die einerseits zur zweiten Liga und andererseits zur Einnahmesituation des Klubs passt. Ein neuer Sportvorstand als Nachfolger von Jochen Schneider wird mit Hochdruck gesucht, und die Finanzabteilung arbeitet längst an dieser Zukunft, wie die seit Oktober amtierende Finanzvorständin Christina Rühl-Hamers neulich erläuterte: „Wir sind auch für dieses Zweitligaszenario gut aufgestellt“, sagte die gelernte Wirtschaftsprüferin, die einst mit der SG Hillen in der Frauen-Bundesliga spielte.

In dieser Woche werden sie aber erst mal Derbywunden behandeln müssen, denn das Fest, das der BVB auf Schalke feierte, hat den Grundschmerz noch einmal verstärkt. Nach dem Schlusspfiff tanzten und sangen die Dortmunder vor dem leeren Gästeblock, weil sie hoffen können, nach dieser Woche mit Siegen in Sevilla und auf Schalke ihre eigene Krise überwunden zu haben. Ein Hauch von Abschiedsschmerz erfasste aber sogar die Sieger dieses Tages: „Was die Brisanz angeht, ist das schade“, sagte Reus über die Lage der Schalker und die Aussicht auf einige Jahre ohne Derby. „Die Bundesliga und wir als Verein leben auch von diesem Feuer. Wenn ich es mir aussuchen dürfte, würde ich sie schon drinnen lassen.“

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