piwik no script img

berliner szenenAusflug mit Schafen und Käsebrot

Wir steigen in Köpenick aus der S-Bahn und trinken erst mal einen Kaffee von der Bäckerei, ich nehme dazu ein Croissant, sie eine Ficelle mit Schinken. Wir haben die Fahrräder mitgenommen. Das ist mein erster Radausflug nach meinem Fahrradunfall, ich bin aufgeregt, obwohl wir nur nach Erk­ner am Müggelsee entlangfahren wollen. 15 Kilometer wären mir früher zu wenig gewesen, an diesem Tag kommen sie mir vor, als hätte ich mich für die Tour de France angemeldet.

Es ist Sonntag und viele andere Ber­li­ne­r*in­nen hatten die gleiche Idee wie wir: Familien, Pärchen, Menschen mit Hunden, Solitäre und Gruppen sind unterwegs und machen Bilder und Selfies, reiben sich die Hände, lachen und quatschen. Ich war noch nie am Müggelsee gewesen und bin überrascht, wie groß und schön der See ist. Im Sommer fahre ich ungern ins Umland zum Baden, weil meine Vorurteile mir ins Ohr flüstern, dass ich mich dort mit rechten Tattoo- und Klamottenmotiven konfrontieren muss und mich dann unwohl fühle. Ich schäme mich ein bisschen, fast immer diese Stimme gehört und deswegen etwas verpasst zu haben.

Ich sehe heute nur „normale“ Leute und nicht überall Nazis, zumindest kann ich keine auf den ersten Blick erkennen, vielleicht ist der Winter von Vorteil. Kurz vor Erk­ner suchen wir einen Platz, um eine Pause einzulegen, und biegen auf einen Feldweg ab. Wir folgen ihm an einer Baracke vorbei und setzen uns auf den Boden, trotz Kälte. Vor uns ein Feld und eine Schafherde, zwei Hirten signalisieren uns mit Gesten, dass wir weiterfahren dürfen, und wir versuchen mit Gesten zu antworten, dass wir bleiben möchten. Wir trinken Tee und essen Käsebrot, beobachten die Schafe und schließen die Augen, um die letzten Sonnenstrahlen zu genießen. Luciana Ferrando

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen