: Liberaler Sieg bei erster freier Wahl in Libyen bestätigt
LIBYEN Muslimbrüder bilden zweitstärkste Kraft. 120 Sitze gehen an Unabhängige. 33 Frauen gewählt
TRIPOLIS afp | Aus der ersten demokratischen Parlamentswahl in Libyen sind die Liberalen als stärkste Kraft hervorgegangen. Von den 80 Sitzen, die bei der Abstimmung vor anderthalb Wochen über Parteilisten vergeben wurden, erhielt die Allianz der Nationalen Kräfte von Exregierungschef Mahmud Dschibril 39 Sitze, wie die Wahlkommission am Dienstagabend bekannt gab. Da zahlreiche Unabhängige Sitze erhielten, waren die Mehrheitsverhältnisse aber noch unklar.
Laut Wahlkommission wurde die Partei für Gerechtigkeit und Wiederaufbau der islamistischen Muslimbrüder mit 17 Mandaten zweitstärkste Kraft. Die restlichen 24 Sitze gingen an rund 20 kleinere Parteien mit meist regionaler Basis. Das künftige Kräfteverhältnis in der Nationalversammlung blieb aber unklar, da 120 weitere Sitze nicht über Parteilisten besetzt wurden. Sie gingen an unabhängige Kandidaten, deren politische Orientierung unklar ist.
Die Nationalversammlung löst den bisher regierenden Nationalen Übergangsrat ab. Sie soll eine neue Übergangsregierung bestimmen und das Land bis zur Verabschiedung einer neuen Verfassung führen.
Die Allianz der Nationalen Kräfte ist ein Zusammenschluss von rund 60 Parteien und Politikern und tritt für einen moderaten Islam, wirtschaftliche Liberalisierung und eine Öffnung zum Westen ein. Dschibril strebt die Bildung eines noch breiteren Bündnisses an. Allerdings äußerte sich auch der Vorsitzende der Islamisten, Mohammed Sawan, zuversichtlich, dass ein Großteil der Unabhängigen sich seiner Partei anschließen werde.
Im neuen Parlament werden auch 33 Frauen vertreten sein. Dies entspricht 16 Prozent der Sitze. Ermöglicht wurde dies durch eine Regelung, die alle Parteien verpflichtete, abwechselnd Männer und Frauen auf ihre Listen zu setzen. Laut der Wahlkommission lag die Wahlbeteiligung bei rund 62 Prozent.
Die Parlamentswahl war die erste demokratische Abstimmung in Libyen nach mehr als vier Jahrzehnten unter der autoritären Herrschaft von Muammar al-Gaddafi. Die letzten landesweiten Wahlen hatte es unter König Idris gegeben, den Gaddafi 1969 entmachtete. Gaddafi war vor knapp einem Jahr nach monatelangen Kämpfen gestürzt und am 20. Oktober 2011 auf der Flucht getötet worden.