Leere statt Lehre

Der Landkreis Emsland lässt eine einstige NS-Eliteschule abreißen. Die Erinnerungskultur zählt dabei nicht

Von Harff-Peter Schönherr

Der 1. Februar markiert den Anfang vom Ende. „Viele hier haben gefürchtet, dass schon heute der Bagger kommt“, sagt Josef Rosche. „Aber bis jetzt steht das Gebäude noch.“ Weit hat Rosche es bis zum Altbau des Kreisgymnasiums St. Ursula nicht, von seiner Haselünner Kornbrennerei aus. Bald wird dort, wo von 1941 bis 1945 eine Nationalpolitische Lehranstalt (Napola) „Führernachwuchs“ unterrichtet hat, nur noch eine leere Fläche sein

Der Bau, einst eine Klosterschule, ist einer der letzten architektonischen Zeugen des NS-Herrschaftsapparats im Emsland. Rosche kämpft für seinen Erhalt als Mahnmal, als Ort der Erinnerungskultur, im Heimatverein Haselünne, in einer Bürgerini­tiative. Eine „Denkpause“ müsse her. Aber nach der sieht es nicht aus. Marc-André Burgdorf (CDU), der Landrat des Landkreises Emsland, will vollendete Tatsachen (taz berichtete).

In den kommenden Tagen gebe es „Startgespräche“ mit dem Abrissunternehmer, teilt Hanna Lohmann, Büro des Landrats, lapidar mit. „Im Anschluss erfolgen zunächst vorbereitende Arbeiten im Inneren, bevor mit dem Abriss begonnen werden kann“, sagt sie. Dass die Celleraner Stiftung niedersächsische Gedenkstätten beim Kultusministerium in Hannover auf ein Moratorium drängt, spielt offenbar keine Rolle.

Grablichter abgeräumt

Wie entschlossen der Landkreis ist, die Schule dem Erdboden gleichzumachen, zeigt eine Symbolhandlung: Die drei Grablichter, die jemand am 31. Januar unter die Napola-Gedenktafel gestellt hatte, die derzeit noch am Altbau hängt, hat er abgeräumt. Man merkt Rosche an, wie er das findet. „Außer dem Papst haben wir jetzt wirklich jeden informiert“, sagt er bitter. „Ohne Erfolg.“

Auch der Einsatz eines Berichts des Haselünner Napola-Leiters von 1943 brachte nichts – er zeigt die ideologische Indoktrination, die von der nationalsozialistischen Eliteschule ausging, die sich im „katholischen Frontgebiet“ sah. „Wir können als Nationalsozialisten den Gehalt unserer Weltanschauung vorleben und verkünden“, steht da, „und der einst notwendig werdenden Vernichtung der kirchlichen Macht eine aufbauende Tätigkeit zur Seite stellen.“ Und: Man werde „die Fahne, die wir entrollt haben, gläubig weitertragen, bis sie für alle deutschen Menschen das Symbol des Heiles ist“.

Bald ist die einstige Nazi-Eliteschule verschwunden. Die 15 ab 1933 erbauten Emslandlager sind ihr vorausgegangen: Abgerissen wurden sie, so rückstandslos wie möglich. Aus den Augen, aus dem Sinn.