: Deutschland nimmt weniger Bootsflüchtlinge als zugesagt
Bei der Aufnahme von schiffbrüchigen Flüchtlingen bleibt Deutschland hinter seinen Zusagen zurück. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor. Demnach konnten mit Stand 21. Dezember 2020 seit Juni 2018 insgesamt 845 Geflüchtete nach Deutschland kommen, die zuvor im Mittelmeer aus Seenot gerettet wurden und in Malta oder Italien an Land gekommen waren.
Das entspricht ungefähr zwei Dritteln der Zahl, für die die Bundesregierung zusagte, ein Asylverfahren durchzuführen. Deutschland hatte sich laut Bundesinnenministerium seit Mitte 2018 verpflichtet, bis zu 1.314 Bootsflüchtlinge aufzunehmen. Über die aktuellen Zahlen hatte zunächst die Neue Osnabrücker Zeitung berichtet.
Die Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke kritisierte das Vorgehen der Bundesregierung. „Immer noch sitzen gut ein Drittel derer, bei denen die Bundesregierung die Zuständigkeit für die Durchführung der Asylverfahren übernommen hat, in den Erstaufnahmeländern fest“, sagte sie. Die deutschen Behörden sollten ihre Zusagen endlich umsetzen und die Aufnahmen nicht länger verzögern.
Nach Ministeriumsangaben wurden 181 Personen, die in Malta und Italien angeschifft wurden, nicht nach Deutschland gebracht, weil die Voraussetzungen für eine Überstellung nicht vorlagen. In den meisten Fällen habe das am Ergebnis von Sicherheitsüberprüfungen gelegen, in einigen Fällen aber auch daran, dass die Betroffenen nicht nach Deutschland hätten kommen wollen. Zudem seien nach Kenntnis der Bundesregierung 187 Personen untergetaucht.
In Deutschland hatten die meisten Betroffenen mit ihren Asylanträgen dann keinen Erfolg. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge traf in 494 Fällen bereits Entscheidungen und erkannte dabei nur 90 Fälle an, wie aus der Antwort der Regierung hervorgeht. Jelpke verurteilte dies. „Diese restriktive Praxis ist eine unglaubliche Schande“, erklärte sie. „Der Umgang mit schiffbrüchigen Geflüchteten in der EU ist und bleibt ein Skandal.“ (epd)
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen