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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Schwierige Parallele

■ betr.: „Die Schlacht um Damaskus“, taz vom 19. 7. 12

Zu Ihrem Kommentar möchte ich Ihnen empfehlen, sich genauer über die Umstände der Schlacht von Algier zu erkundigen, da sie nicht, wie von Ihnen geschrieben, vor 50 Jahren stattfand, sondern bereits im Jahr 1957.

Darüber hinaus ist es bedeutsam zu erkennen, dass der Ausgang der Schlacht zu einem Teilsieg für die kolonialen Kräfte Frankreichs führte und keineswegs auf das Konto der um ihre Freiheit kämpfenden Algerier unter der Algerischen Befreiungsfront (ALN/FLN) ging. Es ist also schwierig, hier eine Parallele zur aktuellen Situation in Syrien zu ziehen, insbesondere da Sie, wie ich aus Ihrem Text herauslese, von einem baldigen Sieg der oppositionellen Kräfte ausgehen.

Hinzu kommt, dass es sich in Algerien, lassen Sie uns so genau sein, um einen Befreiungskampf in der Zeit der Entkolonialisierung handelte, was, gelinde gesagt, nichts mit Syrien der aktuellen Stunde zu tun hat.

GARANCE THAUVIN, Berlin

Prägung durch religiöse Rituale

■ betr.: Diskussion über religiöse Beschneidung

In den letzten Tagen gab es zum Thema eine ganze Reihe von sehr sachlichen LeserInnen-Beiträgen. Soweit ich informiert bin, gibt es in unserer Verfassung keine Ausnahmen zur Regelung der Religionsfreiheit. Es wäre ja wohl auch gegen die Grundrechtlichkeit des Artikels, wenn es solche Einzelfallregelungen und „Zulassungen“ gäbe: welche Kirche was an Einschränkungen dieses Grundrechts praktizieren darf etc.

Zur weiteren Versachlichung der Debatte sollten also vielleicht endlich zwei Dinge noch deutlicher werden: Ersten stellen alle religiösen Rituale vor der Religionsmündigkeit eine Persönlichkeitsvorprägung dar: eine psychologische Vorprägung kann die Persönlichkeitsentwicklung ebenfalls stören oder gar verhindern, wie an den vielen sexuellen Zwangsneurosen als Folge christlicher Erziehung zu sehen ist – nicht nur physisch wirksame wie die Beschneidung.

Zweitens schränken also alle religiösen Vorgaben der Eltern vor der Religionsmündigkeit der Sprösslinge deren entsprechendes Persönlichkeitsrecht ein, eben auch die Rituale der christlichen Kirchen wie Taufe und Firmung/Konfirmation, die daher im Sinne tatsächlich zu wahrender Entscheidungsfreiheit der/s Einzelnen ebenfalls verboten werden müssen. PETER KOLDITZ, Marburg-Einhausen

Schlechtes Beispiel

■ betr.: „Auf den Hund gekommen“, taz vom 20. 7. 12

Eure Kolumnen lese ich ausgesprochen gerne. Nur bitte nicht den Spiegel als Journalismus-Beispiel nennen: Die dümmste Zeitschrift nach der „Blöd-Zeitung“ ist doch der „Scheiß-Intellektuellen-Spiegel“. Diese eklektische Ansammlung sogenannter Experten-Meinungen, ohne die geringste Beteiligung einer eigenen Meinung hat mir schon vor 30 Jahren den Appetit auf den „Dumpf-Spiegel“ verdorben. Spiegel-Leser sind die Kretins unserer Zeit. In diesem Sinne, haut weiter rein – ich liebe euch! KARL STRECKER, Stuttgart

taz für Vegis

■ betr.: „In Syrien geht’s jetzt um die Wurst“, taz-Karikatur vom 20. 7. 12

Also, die Karikatur ist eine Zumutung für Vegetarier! Wie soll man sich noch ernsthaft und unvoreingenommen mit den Vorgängen im Nahen Osten auseinandersetzen können, wenn man die Vorstellung mit sich herumträgt, Assad sei im Innern ein Würstchen! Es ist der Tag nicht fern, wo über die Einrichtung einer Version der taz „für Vegis“ und „für Normalos“ gesprochen werden muss. (Die Veganos können wir ja einstweilen bei den Piraten zwischenlagern.) Mit dennoch solidarischem Gruß, DETLEF FOLJANTY, Berlin

Rechtfertigungsdruck

■ betr.: „Der Wunsch nach Maßregelung“, taz vom 17. 7. 12

Die Reaktion auf Denis Yücels Beitrag ist nicht allzu schwer vorhersehbar: Selbstgerechte Kindeswohlverteidiger werden empört aufheulen und sich falsch verstanden fühlen, denn ihre Kritik an der Beschneidung ist ja konstruktiv und „absolut lieb gemeint“ (Dr. Motte).

Auffällig an der ganzen Debatte ist vor allem, dass direkt Betroffene, also Männer, die als Kind beschnitten wurden (hierzulande unter medizinisch kontrollierten Bedingungen), sich so gut wie gar nicht zu Wort melden. Sind die wirklich zu traumatisiert, um sich zum Thema zu äußern, oder haben sie einfach – wie mir ein türkischer Arbeitskollege kürzlich sagte – vom permanenten Rechtfertigungsdruck der deutschen Mehrheitsgesellschaft gegenüber langsam aber sicher die Nase voll? Agnostische Grüße, FRANK PÖRSCHKE, Hattingen