: Von Wihelmsruh nach Brandenburg
Im Norden Berlins tut sich was: Der historische Streckenabschnitt der Heidekrautbahn, durch den Mauerbau gekappt, soll reaktiviert werden. Ende 2023 soll es so weit sein
Von Marco Zschieck
Umwege, umständliche Verbindungen und Wartezeiten: Bahnpendler haben es im Norden von Berlin nicht leicht. Doch nun tut sich etwas: Die Länder Berlin und Brandenburg, die Deutsche Bahn und die Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) treiben zwei Projekte voran, die das Bahnfahren in der Region in ein paar Jahren tatsächlich erleichtern können. In einem Fall wird sogar schon gebaut.
Nur wenige Wochen vor dem Auslaufen der Baugenehmigung haben kürzlich die ersten Bauarbeiten an der alten Heidekrautbahn im Berliner Norden begonnen – mit einem symbolischen Spatenstich, wie ihn Politiker gern machen. Am S-Bahnhof Berlin-Wilhelmsruh wird ein neuer Regionalbahnsteig entstehen. Zunächst wird der Berliner Mauerweg um einige Meter verlegt, im nächsten Jahr der Bahndamm verbreitert. Die Kosten für die Reaktivierung der Strecke sollen bei 30 Millionen Euro liegen. Berlin und Brandenburg wollen das Geld beim Bund beantragen.
Bis Ende 2023 soll die insgesamt 14 Kilometer lange Stammstrecke der Vorortbahn reaktiviert werden. Für Ausflügler aus Berlin verbessert sich dann beispielsweise die Verbindung in die Schorfheide. Zwischen Quickborner Straße und Wilhelmsruher Damm bekommt auch das Märkische Viertel einen Regionalbahnhalt. Insgesamt sollen acht Haltepunkte neu entstehen oder wieder in Betrieb genommen werden. Damit rückt eine Reihe von wachsenden Kommunen im Norden von Berlin im Halbstundentakt zeitlich näher an die Hauptstadt.
Bisher ist es tatsächlich umständlich. Wer aus dem Zentrum Berlins nach Wandlitz möchte, muss zunächst mit der S-Bahn nach Karow – ein Umweg. Denn dort startet derzeit die Regionalbahnlinie 27 einmal pro Stunde in Richtung Groß Schönebeck. Von Gesundbrunnen aus dauert es bestenfalls 38 Minuten. Künftig dürfte es schneller gehen. Die bisherige Strecke soll auch weiterhin im 30-Minuten-Takt befahren werden.“
Noch besser dürfte die Verbindung allerdings erst werden, wenn die Regionalbahngleise auch zwischen Wilhelmsruh und Gesundbrunnen ausgebaut werden. Doch in diesem Abschnitt gehört die Infrastruktur nicht der privaten Niederbarnimer Eisenbahn, sondern der Deutschen Bahn. Und die nennt noch keinen Termin für die Fertigstellung. Zuletzt war von 2028 oder 2030 die Rede.
Die Heidekrautbahn hat eine lange Geschichte. 1901 wurde sie eröffnet. Ursprünglicher Start-und-Ziel-Punkt der Heidekrautbahn war Berlin-Wilhelmsruh. Doch mit dem Mauerbau 1961 war Schluss damit. Teile der Strecke verliefen praktisch durch den Todesstreifen. Die NEB plant, auf der Strecke Züge mit Wasserstoffantrieb einzusetzen.
Auf den Pendlerstrecken von Berlin nach Brandenburg wird es seit Jahren enger. Für fast alle Verbindungen gibt es laut einer Untersuchung kaum noch Möglichkeiten für kürzere Takte oder Züge mit mehr Sitzplätzen. 2017 starteten die Länder mit dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg eine Untersuchung von acht Korridoren für den Pendlerverkehr. In der Infrastrukturinitiative „i2030“ sollen die Planungen koordiniert werden.
Die Heidekrautbahn zählt zu diesen Korridoren. Ein weiterer Korridor im Norden ist die Kremmener Bahn. Auch dort tut sich was: Das Land Brandenburg finanziert die Planungen für den Streckenausbau mit 5 Millionen Euro. „Ziel des Projekts ist es, Engpässe zu beseitigen und das Angebot auf zwei Züge pro Stunde zwischen Neuruppin und Hennigsdorf zu erweitern“, teilte das Brandenburger Infrastrukturministerium mit. Neben dem Bau eines zweiten Gleises sollen auch die Bahnsteige entlang der Strecke auf 140 Meter verlängert werden. „Mit Inbetriebnahme der Infrastruktur ist, nach jetzigem Planungsstand, voraussichtlich ab Mitte der 20er Jahre zu rechnen.“
Auch auf dieser Strecke liegt die richtige Verbesserung aber noch weiter in der Zukunft: Denn bisher fährt der Prignitz-Express (RE6) ab Hennigsdorf einen Umweg über Spandau nach Gesundbrunnen. Der direkte Weg über Tegel würde viel Zeit sparen. Dafür seinen „weitere Planungsschritte in Vorbereitung“, heißt es vom VBB.
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