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Die neue Solidität

Still und leise hat sich Bayer Leverkusen auf Platz eins der Tabelle geschoben.Die Mannschaft von Coach Peter Bosz arbeitet an Geschlossenheit und Details

Aus Leverkusen Andreas Morbach

Der Besuch aus München am kommenden Wochenende dämmert bereits am Leverkusener Horizont, darüber sprechen wollte Peter Bosz aber noch nicht. „Ans Bayern-Spiel werde ich erst nach Köln denken“, verkündete der Cheftrainer der Werkself erwartungsgemäß, schließlich haben er und seine Mannschaft vorher noch etwas zu erledigen: das Duell beim Lokalrivalen von der anderen Rheinseite, drei Tage vorm Ligagipfel gegen den Rekordmeister am Samstag. „Wir wissen, dass es für uns im letzten Jahr in Köln nicht einfach war“, verzieht Bosz das Gesicht bei der Erinnerung an das 0:2 vom 14. Dezember 2019, beim damaligen Schlusslicht aus der Domstadt. Der Niederländer versichert: „Ich werde bei meinen Spielern alles abrufen, damit wir da ein gutes Ergebnis holen.“

Der lokale Wettstreit, bei dem das Bayer-Ensemble erstmals seit September 2014 wieder eine Tabellenführung zu verteidigen hat, findet nun nicht zehn, sondern acht Tage vor Heiligabend statt – als Generalprobe für den großen Jahresabschluss gegen die Bayern, bei dem sich zeigen wird, wie stabil das von Bosz beschworene breite Fundament beim neuen Spitzenreiter ist. Offenkundig ist, dass die Leverkusener die Sommerverkäufe ihrer Top-Scorer Kai Havertz und Kevin Volland deutlich besser verkraftet haben als befürchtet. Die Verantwortung ist jetzt auf mehreren Schultern verteilt, denn Akteure wie Nadiem Amiri, Lucas Alario, Julian Baumgartlinger, Aleksandar Dragovic oder Daley Sinkgraven haben den von den Sportchefs Rudi Völler und Simon Rolfes eingeforderten Leistungssprung geschafft.

Für Bosz liegt darin der Hauptgrund, dass sein Team in den kommenden Wochen seiner Einschätzung nach keine sportliche Delle erleben wird. Anders als in der Vorsaison, betont der 57-Jährige, gebe es bei seiner Mannschaft nun nicht mehr die qualitativen Ausschläge nach oben und unten, die er damals auch innerhalb einzelner Spiele beobachtete. Die Darbietungen der auf leisen Sohlen ganz nach oben geschlichenen Leverkusener sind kompakter, solider geworden. Spektakuläre Treffer werden in dieses gut geknüpfte Netz immer wieder eingewoben. So wie zuletzt beim 4:1 gegen Hoffenheim, das die Werkself vorbei an München und Leipzig auf Platz eins katapultierte. Gegen die Kraichgauer glänzten der Jamaikaner Leon Bailey, seit Wochen in Hochform, und Supertalent Florian Wirtz (17), den die Leverkusener Ende Januar zum Schnäppchenpreis von 300.000 Euro beim Ortsrivalen Köln abwarben, jeweils mit einem Traumtor. „Es ist ein super Gefühl, auf Platz eins zu stehen – und eine große Motivation“, versicherte Doppel-Torschütze Bailey anschließend. Menschenfreund Bosz lächelte dazu: „Wenn es nach 34 Spielen wäre, dann wäre ich euphorisch. So weit ist es aber noch nicht.“

Schon jetzt ein klarer Erfolg war seine Analyse der Vorsaison, die unter anderem ein deutliches Verbesserungspotenzial bei Standards ergab. Also lotste Bosz Landsmann Rob Maas im Sommer als weiteren Assistenten unter das Bayer-Kreuz, wo der frühere Bundesligaprofi von Arminia Bielefeld und Hertha BSC die Bereiche Eckball und Freistoß seitdem verantwortlich leitet.

Nur Leipzig kassierte in der Liga weniger Gegentreffer als der Vorjahresfünfte

Ein besonders prachtvolles Resultat dieser Arbeit servierte gerade Angreifer Bailey, als er beim frühen Führungstor gegen Hoffenheim einen Eckstoß gemeinsam mit Amiri kurz ausführte, den Mitspieler mit dem Ball am Fuß flugs umkurvte und anschließend mit einem sagenhaft angeschnittenen Schuss in den Winkel traf. Es war bereits der siebte Torerfolg nach ruhenden Bällen in dieser Saison, der fünfte nach einem Eckstoß – auch in dieser Wertung liegt Leverkusen in der Liga momentan ganz vorne.

Entsprechend stürmten Bailey und ein halbes Dutzend seiner Teamkollegen nach dem 1:0 gegen die TSG auf Mijnheer Maas zu. Weitere Anker des aktuellen Bayer-Laufs: Nur Leipzig kassierte in der Liga weniger Gegentreffer als der Vorjahresfünfte. Zudem kam kein anderer Klub in der Gruppenphase der Europa League an die 21 Tore der Leverkusener heran, die in der Zwischenrunde im Februar nun auf Bern treffen, einen schlagbaren Gegner.

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