: Angeordnete Bespitzelung von ganz oben
ENGLAND Ex-Pressechef David Camerons wird angeklagt
Andy Coulson wird angeklagt. Das gab die britische Staatsanwaltschaft am Dienstag bekannt. Der Ex-Pressechef des britischen Premierministers David Cameron muss sich wegen der Telefonabhöraffäre bei Rupert Murdochs News of the World vor Gericht verantworten. Coulson war von 2003 bis 2007 Chefredakteur des Boulevardblatts. Klage wird auch gegen sieben weitere ehemalige Angestellte der Zeitung erhoben, darunter Rebekah Brooks, Coulsons Vorgängerin bei News of the World.
Die Anklage umfasst 19 Punkte. Am schwersten wiegt der Vorwurf gegen Coulson und Brooks, dass Journalisten des Blatts während ihrer Amtszeit mit Hilfe des Privatdetektivs Glenn Mulcaire im Jahr 2002 die Handy-Mailbox der vermissten und später tot aufgefundenen 13-jährigen Milly Dowler angezapft haben. Infolge des Skandals machte Murdoch das Sonntagsblatt kurzerhand dicht.
Dowler war kein Einzelfall. Die Polizei glaubt, dass Telefone von 4.775 Menschen angezapft worden sind. Mulcaire hat seine Aktivitäten auf 11.000 Seiten festgehalten. Die Aufzeichnungen waren der Polizei seit 2007 bekannt, nachdem Mulcaire wegen der Bespitzelung der Königsfamilie verhaftet worden war. Coulson trat daraufhin als Chefredakteur zurück. Wenig später entließ Cameron ihn als Pressechef.
Scotland Yard unternahm erst etwas, als der Guardian Beweise für die Abhöraffäre veröffentlichte. Die Polizei pflegte enge Beziehungen zur News of the World, sie hatte zehn ehemalige Mitarbeiter der Zeitung eingestellt, darunter vorübergehend auch Andy Coulson. Die Verstrickungen kosteten Scotland-Yard-Chef Paul Stephenson und seinen Stellvertreter John Yates voriges Jahr ihre Jobs. Coulson soll die Bespitzelungen angeordnet haben. Das behauptete der ehemalige Gesellschaftsreporter der News of the World, Sean Hoare, der voriges Jahr gestorben ist.
RALF SOTSCHECK, DUBLIN