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„Kontext“ sagt: Danke, taz!

Die taz und „Kontext:Wochenzeitung“ verbindet seit 500 Wochen eine journalistische Liaison auf Augenhöhe. Warum die Wochenzeitung aus dem Süden nicht einfach nur ein „Beilaufböbbele“ der taz ist

Das „Kontext-Team“ in Pandemie­zeiten vor der Staatsoper in Stuttgart Foto: Jens Volle

Von Susanne Stiefel

Schwaben sind keine Weltmeister im Jubeln. Nicht geschimpft ist genug gelobt, heißt es im Süden der Republik. Aber jetzt, nach mehr als 500 gemeinsamen Wochen, muss es raus: Liebe tazler, wir Kontextler in Stuttgart freuen uns wie Bolle, dass ihr uns damals aufgenommen habt. Dass ihr unseren ersten, manchmal noch wackligen Gehversuchen Platz gegeben habt in der taz am Wochenende. Dass ihr uns unterstützt, gedruckt und nie reingeredet habt in unsere Artikel und nicht in unsere journalistischen Experimente, von denen gewiss nicht alle gelungen sind.

Aber für Experimente ist die taz ja seit ihrer Gründung immer zu haben. Sie hat sich schließlich auch immer wieder neu erfunden und weiß, dass die Wege struppig werden, wenn man abseits des Mainstreams unterwegs ist. Das ist sicherlich auch ein Grund, wieso es nun schon fast zehn Jahre klappt mit unserer Liaison. Oder wie es Jan Feddersen, der Mann für besondere Aufgaben, so schön formuliert: „Sag doch mal, warum es gut ist, dass ihr samstags in der taz inkludiert seid.“

Wir sind damals nicht zufällig nach Berlin gereist, voller Elan, mit einem Konzept für eine kritische spendenfinanzierte Regionalzeitung im Gepäck und dem gewöhnungsbedürftigen Namen „Verein für ganzheitlichen Journalismus“. Das ließ die damalige Chefredakteurin Ines Pohl kurzzeitig an eine Anthroposophen-Invasion denken, ein Missverständnis, das sich bald ausräumen ließ. Nein, wir waren nicht zufällig in Berlin. Wir Kontextler aus dem Süden kennen und schätzen die taz seit ihrer Gründung, viele von uns haben im Laufe unseres Journalistenlebens immer wieder für sie in die Tasten gegriffen.

Foto: Joachim E. Röttgers

Susanne Stiefel

Jahrgang 1957, ist (auch hörbar) Schwäbin – und seit Langem Journalistin. In Stuttgart geboren, berichtet sie, nach dem Studium der Sportwissenschaft und Anglistik an der Universität Tübingen, seit Jahren als Reporterin aus dem reichen, inzwischen grün-schwarz regierten Baden-Württemberg. Bei aller Liebe zum Leben in dieser Gegend, so predigt sie: Vorsicht vor den Strippen­zieher:innen! Sie ist Gründungsmitglied und Chefredakteurin von Kontext, davor schrieb sie lange Zeit als Chefreporterin für Sonntag Aktuell. Obendrein ist sie Buchautorin: („Lebenskünstlerinnen unter sich“, „Die Taschenspieler. Verraten und verkauft in Deutschland“) und Ausbilderin für Jour­na­list:in­nen.

Wir wussten, dass wir Stuttgarter und ihr Berliner, bei aller Eigenständigkeit, viele Gemeinsamkeiten haben. Beide wollen wir einen unabhängigen, kritischen Journalismus, der denen eine Stimme gibt, die etwas tun für eine gerechtere Welt, und denen, die nicht im hellen Licht stehen. Der versucht, der Wahrheit möglichst nahe zu kommen, wohl wissend, dass es den Stein der Weisen nicht gibt. Der Position bezieht, sich um Aufklärung über Zusammenhänge und Fakten bemüht. Einen Journalismus mit Herzblut und einer gehörigen Portion Wahnsinn.

Das verbindet. Daraus sind im Laufe der Jahre gemeinsame Projekte entstanden, die über die journalistische Kooperation hinausgehen. Wir SüdländerInnen haben zur Landtagswahl 2016 in Baden-Württemberg die Themenseite der taz mitbestückt. Wir saßen auf mehreren Wahlpodien mit Ex-Chefredakteur Georg Löwisch, mit Chefreporter Peter Unfried, mit Nina Apin, um den KandidatInnen auf den Zahn zu fühlen. KontextlerInnen haben beim taz lab in Berlin Veranstaltungen moderiert. Wir haben mit Johannes Rauschenberger einen gemeinsamen Finanzexperten, der als Aufsichtsrat taz (bis zum vorigen Jahr) und als Vereinsvorstand Kontext (immer noch dabei) die Finanzen beider Zeitungen scharf im Auge hat. Das ist wichtig, weil JournalistInnen von Geld wenig Ahnung haben. Und als Kontext die erste Volontärin ausbildete, war klar, dass sie auch bei der taz ihre Sporen verdienen sollte. Auch das schweißt zusammen.

Wie bei jeder Liebschaft, die den Namen verdient, gibt es auch bei taz und Kontext kleinere Reibereien. Und wie so oft, besonders wenn beides knapp ist, geht es um Geld und um Platz. Manchmal ist es auch schwierig, Augenhöhe zu wahren, wenn die PartnerInnen so verschieden groß sind. Niemand hat das so treffend geschildert wie Georg Löwisch in seiner Festrede zum fünfjährigen Kontext-Jubiläum 2016. „Die Kontext:Wochenzeitung hat ihren eigenen Stolz“, sagte Löwisch, „sie ist eben kein Regionalteil der taz, ihr achtet penibel auf eure Autonomie und ihr wollt kein Beilaufböbbele sein.“ Ja, das tun wir, bei aller Liebe. In dem Wissen, dass auch die taz von unserer Kompetenz im Süden profitiert. Und die taz-Wochenendabos vor allem in Baden-Württemberg gestiegen sind. Und wer wissen will, was ein Beilaufböbbele ist, soll sich bei den Schwaben in der Redaktion erkundigen oder Georg Löwisch anrufen.

Und so haben taz und Kontext kleine Unstimmigkeiten immer wieder hingekriegt. Denn unterm Strich wissen beide, dass die Guten zusammenhalten müssen, damit sie weiter böse sein können. Im Sinne des großen Ganzen.

Und mit weiteren gemeinsamen Aktionen. Im Januar – so es Corona zulässt – wird die neue taz-Chefredakteurin Ulrike Winkelmann in Stuttgart auf einem Kontext-Podium sitzen. Gemeinsam mit Georg Restle („Monitor“), Anja Reschke („Panorama“) und Anna Hunger (Kontext). Zum Thema „Aufrecht gegen rechts“. Auch darüber freuen wir uns.

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