: „Alt, unsozial und frauenfeindlich“
Das neue Paket des CDU-Senats zur „Stärkung von Familien“ kommt aus der Mottenkiste, warnt die GAL-Opposition. Sie hat alle 35 versprochenen Wohltaten überprüft: Die Hälfte existiert längst, der Rest erreicht nur Gutbetuchte oder bleibt vage
von Eva Weikert
Christiane Blömeke war fleißig: In den vergangenen vier Wochen hat die GAL-Abgeordnete einen aus 35 Ankündigungen bestehenden Katalog analysiert, den der Senat vor einem Monat als „Paket zur Stärkung der Familien“ präsentiert hatte. Nach Prüfung jedes einzelnen Punktes hat die Grüne gestern das Ergebnis vorgestellt: Zur Hälfte alt, zur anderen Hälfte „unkonkret, unsozial oder frauenfeindlich“ seien die angekündigten Wohltaten. Die Mitteilung des Senats, „neue“ Maßnahmen für Familien aufzulegen, so Blömeke, „ist peinlich und unaufrichtig“.
Nach einer Haushaltsklausur am 18. Juni hatte das Rathaus einen Strauß an Projekten für Familien verabschiedet und der Öffentlichkeit vorgestellt (siehe Kasten). Mit dem „umfangreichen“ Paket, versprach damals Bürgermeister Ole von Beust (CDU), „wird es gelingen, Familien in allen sie betreffenden Bereichen zu stärken“ und „ihre Situation erheblich zu verbessern“.
GALierin Blömeke hält das nur für „schöne Worte“. Der Senat habe in die „familienpolitische Mottenkiste gegriffen“, rügte sie gestern und legte der Presse ihre Recherche-Ergebnisse vor. Demnach ist der versprochene „Familien-TÜV“, der laut Senat zukünftig dessen Entscheidungen auf Familienfreundlichkeit überprüfen soll, nur einer von vielen alten Hüten. Wie Blömeke anführt, gibt es ihn schon seit dem Jahr 2002 in Form einer behördenübergreifenden Arbeitsgruppe. Diese trägt den Namen „Familien- und Kinderfreundliches Hamburg“ und hat ebenfalls die Aufgabe, Senats-Vorhaben auf ihre Familientauglichkeit abzuklopfen. „Der Familien-TÜV ist eine alte Maßnahme mit neuem Namen“, urteilte Blömeke.
Auch längst existent ist der Grünen zufolge etwa der versprochene Museumsführer für Familien oder das in Aussicht gestellte „Baby-Willkommenspaket“ mit Informationen über Hilfsangebote für Mütter. „Ein solches Paket mit Adressen zu Stillgruppen, Hebammen oder Kinderärzten gibt es schon jahrelang bei der Entlassung aus dem Krankenhaus“, sagte Blömeke, selbst Mutter dreier Kinder.
„Bei weitem nicht neu und dennoch immer noch nicht umgesetzt“, mahnte sie, ist auch der Plan eines „Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters“ in der Stadt. Bereits 2003 habe der Senat die Gründung bekannt gegeben, 2004 sei die Maßnahme im Regierungsprogramm festgehalten. Für die jetzt erneut angekündigte Errichtung sei aber nicht mal Geld im Haushalt eingestellt. „Die Finanzierung ist nicht gesichert“, warnte Blömeke.
Dem Senat bescheinigte die Abgeordnete, bei vielen Versprechen „vage“ zu bleiben. So verheißt die Regierung zusätzliche Hilfe für vernachlässigte Kinder durch „innovative familienpolitische Projekte“. Zur Finanzierung aber werden keine Angaben gemacht. Zugleich ignoriere der Senat, so Blömeke, „dass wir gute Strukturen haben, die es auszubauen gilt“: Sie meint die Allgemeinen Sozialen Dienste (ASD), deren originäre Aufgabe die frühe Hilfe zum Schutz des Kindeswohls ist und die durch Einsparungen personell ausgedünnt sind.
Ohnehin bevorzuge das Rathaus begüterte Familien, rügte die GALierin. Beispielsweise die Kinderzimmerzulage – „immerhin erste tatsächlich neue familienpolitische Maßnahme“ – fördere nur Familien, die sich Eigentum leisten könnten. Auch richte sich das Angebot allein an Ehepaare und zeige damit „das überholte Familienbild“ des Senats. Im Übrigen sei die Werbung für den Zuschlag als Ergänzung der Eigenheimzulage „unglaubwürdig“, denn die Bundes-CDU will Letztere abschaffen.
Auch die angestrebte „Beteiligungsbörse“ für „Einzeleigentümer“ fand vor Blömekes Augen keine Gnade. Der Senat will Eigentümer bei der Neuplanung von Flächen einbeziehen. Weil Mieter ausgeschlossen sind, „ist die Maßnahme sozial unausgewogen“, so die Abgeordnete. Ihr Fazit: Der Wille, benachteiligte Familien besonders zu fördern, fehle der CDU „komplett“.