Der schnelle Weg nach Karlsruhe

Die Abgeordneten Werner Schulz und Jelena Hoffmann wollen eine mündliche Verhandlung mit viel Öffentlichkeit

Die Klageschriften sollen spätestens Mitte nächster Woche beim Bundesverfassungsgericht sein

FREIBURG taz ■ Kaum hat der Bundespräsident den Weg frei gemacht, schaut alles nach Karlsruhe auf das Bundesverfassungsgericht. Die Abgeordneten Werner Schulz (Bündnis 90/Grüne) und Jelena Hoffmann (SPD) haben angekündigt, dass sie gegen die Auflösung des Bundestags klagen wollen.

Und weil der Wahlkampf faktisch bereits begonnen hat, muss alles sehr schnell gehen. Die Klageschriften sollen bis spätestens Mitte nächster Woche in Karlsruhe eintreffen. Jelena Hoffmann hat den renommierten Hannoveraner Staatsrechtler Hans-Peter Schneider engagiert. Und für Werner Schulz wird der Mannheimer Rechtsprofessor Wolf-Rüdiger Schenke ins Rennen gehen.

Vor allem Schenke kennt die Rechtsprobleme der Vertrauensfrage in- und auswendig, denn er hat im Bonner Kommentar zum Grundgesetz den Artikel 68 erläutert. Allerdings hat Schenke auch ein psychologisches Manko: Er vertrat schon 1983 bei den von Kanzler Kohl herbeigeführten Neuwahlen klagende Abgeordnete und verlor den Prozess. Seither kritisiert er die Karlsruher Entscheidung, weil sie dem Bundeskanzler einen zu großen Beurteilungsspielraum einräumte; außerdem habe das Gericht 1983 die Zerrissenheit der FDP nach dem Koalitionswechsel von der SPD zur CDU/CSU überbewertet. Schenke muss also aufpassen, dass er bei seiner aktuellen Klage nicht alte Schlachten noch einmal schlägt. Zur Beschleunigung des Verfahrens könnten Schulz und Hoffmann zwar auf eine mündliche Verhandlung verzichten, wollen sich aber den öffentlichkeitswirksamen Auftritt nicht nehmen lassen. Immerhin geht es auch darum, die öffentliche Meinung umzudrehen, denn bei einer Forsa-Umfrage vom letzten Wochenende waren immerhin 75 Prozent der Bundesbürger für Neuwahlen.

Vermutlich wird Karlsruhe sein Urteil Ende August verkünden. Das wäre noch rechtzeitig. Die Professoren Schenke und Schneider wollen auch keine einstweilige Anordnung beantragen, um die Wahl zu verschieben. „Entweder Karlsruhe entscheidet rechtzeitig über unsere Klage, oder die Richter brauchen länger, dann können sie aber auch ohne Antrag eine Verschiebung der Wahlen anordnen“, sagte Schneider der taz. CHRISTIAN RATH