: Krieg der Küsten
Die „Sail Bremerhaven“ will Europas größtes Windjammer-Festival sein. Doch dieses Jahr gab es Probleme bei der Planung – die Rostocker „Hanse Sail“ findet am gleichen Wochenende statt
Interview: Henning Bleyl
Bremerhaven oder Rostock, dieses Jahr muss man sich zwischen den beiden Regatten entscheiden. Kommandant der Abschlussparade in Bremerhaven ist Udo Gneiting, der derzeit mit der „Alexander von Humboldt“ im englischen Hardlepool vor Anker liegt. In zwei Wochen soll er 360 Schiffe am Bundeskanzler und 1,6 Millionen weiteren Besuchern vorbeilotsen. Eine große logistische Herausforderung, doch Gneiting gilt als alter Paradehase.
taz: Ahoi, Herr Gneiting. Als Fregattenkapitän kommandieren Sie zum wiederholten Mal die Sail-Abschlussparade. Sind alle Ankerketten gut geölt?
Udo Gneiting: Sicher. Aber wenn einer Stromausfall hat und den Anker nicht hoch kriegt, kann man nichts machen. Dann müssen die nächsten sofort aufschließen. Es gibt nämlich nichts Langweiligeres als eine Lücke in der Parade.
Die „Sail Bremerhaven 2005“ firmiert als Europas größtes Windjammer-Fest. Andererseits bieten sie 16.000 Quadratmeter weniger Takelage auf als noch vor fünf Jahren.
Das kann ich jetzt nicht hundertprozentig bestätigen, weil ich hier gerade auf der Pier stehe und die Unterlagen zu Hause sind. Aber ich weiß, dass wir dieses Mal auch viele mittelgroße und kleine Schiffe dabei haben.
Vielleicht hat es ja damit zu tun, dass zeitgleich die Hanse Sail Rostock stattfindet. Ist das nicht eine planerische Havarie erster Güte?
Nein, das ist kein so großes Unglück. Der Grund ist der Terminplan der „Sail Training International“ mit den dazugehörigen Regatten. Allerdings steht der schon sehr lange fest.
In Rostock werden immerhin 250 Traditionssegler und 1,5 Millionen Zuschauer erwartet. Die hätte man doch auch gern in Bremerhaven begrüßt.
Schön wär‘s gewesen. Zumal die russische „Sedov“ nach Rostock kommt, das war lange Zeit der größte Segler der Welt. Bisher war er in Bremerhaven dabei. Das Problem ist: Die Verantwortlichen reden nicht genug miteinander. Ich selbst bin ja sozusagen nur ein Hilfsarbeiter der Stadt Bremerhaven.
Im Vergleich zur letzten Sail fehlen 36 Segelschiffe, gleichzeitig hat sich die Zahl der zugelassenen Motorschiffe fast verdoppelt – auf ein Drittel des Teilnehmerfeldes. Was haben die bei einer „Sail“ zu suchen?
Eigentlich gehören die da gar nicht hin. Wenn sich die Gewichte weiter in diese Richtung verschieben, sind wir in der Tat auf dem falschen Weg. Dahinter steckt die Tendenz zur Kommerzialisierung: Es gibt immer mehr zahlende und sonstwie wichtige Gäste, die auf Begleitschiffen mitfahren. Aber wenn die sowieso alle mitdödeln, ist es besser, man fasst sie offiziell in einem Block zusammen. Sonst drehen die irgendwann einfach um und fahren gegen den Paradestrom.
Das Paradefahren ist ja sowieso eine schwierige Angelegenheit. Einerseits sollen die Schiffe möglichst viele Segel setzen, andererseits schön langsam am interessierten Publikum vorbeifahren. Wie lösen Sie das Problem?
Ganz einfach: Man lässt gleichzeitig die Maschine rückwärts laufen, um die Geschwindigkeit zu reduzieren.
Und was machen Sie bei Flaute?
Tja, dann haben die Segel keinen aerodynamischen Auftrieb, das sieht nicht so gut aus. Am schlimmsten ist aber starker Wind von vorn, da kann man kaum Tuch zeigen – nur ein bisschen was für die Optik. Aber wir ziehen das so oder so durch.