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Archiv-Artikel

Bremen Platz 1, München Platz 34

Mit einem dubiosen Ranking erfreut ein „Standortberater“ die Eigenlob-Maschinerie des Bremer Wirtschaftssenators

Von kawe

Bremen taz ■ Mit Nachrichten von sich reden machen, das gehört zum Geschäft von Henner Lüttich. Dieser Tage hatte seine Firma für Standortberatung namens „Contor“ in Bremen damit vollen Erfolg: Die Hansestadt liege im deutschen Vergleich auf Platz 1 in der Attraktivität für Unternehmer, erklärte er, das ergebe seine im Auftrag des Manager-Magazins erstellte Studie der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung in Vallendar (WHU). Dem Weser-Kurier war das eine Schlagzeile wert.

Was Lüttich eigentlich gesagt hat, ist etwas anderes: Deutschland sei derzeit für Investoren nicht besonders attraktiv, habe aber gute Chancen, in der Gunst von Unternehmern zu steigen, wenn das Land generell zur 40-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich zurückkehre und die Unternehmenssteuern von derzeit nominal 38,7 auf 25 Prozent gesenkt würden. Die Bemerkung hätte kaum Aufsehen erregt, wenn Lüttich nicht ein verblüffendes Ranking beigefügt hätte: Derzeit liegen in seiner Tabelle europaweit Estland und Irland vorn mit den Ballungsräumen Tallinn und Dublin. Auch Österreich steht in seinem Vergleich gut da – weit vor Deutschland.

Und eben Bremen. Bremen, die beste deutsche Region – das freute Wirtschaftssenator Jörg Kastendiek (CDU). „Platz 1 bedeutet, dass sich die Politik der Großen Koalition auszahlt und außerhalb Bremens die Standortvorteile erkannt werden“, erklärte er – ohne sich die Frage zu stellen, nach welchen Kriterien die Studie vorgeht, wenn Tallinn und Dublin ganz vorn liegen können. Warum bloß können bei derart großer Standortattraktivität die Gewerbegebiete in Bremen nur zu Dumping-Preisen losgeschlagen werden?

Offenbar werden in der Studie bestimmte Aspekte schwächelnder Regionen gerade positiv bewertet. Ganz schlicht erklärt sie: „Insbesondere die hohen Lohnstückkosten, die zwischen 80 bis über 90 Prozent der Wertschöpfung pro Beschäftigtem liegen, schrecken Investoren ab. Bremen als bester deutscher Standort weist immer noch hohe 78 Prozent aus.“ Und alle übrigen Standortvorteile spielen für Lüttich offenbar keine besondere Rolle. Direkt hinter Bremerhaven (Platz 3) kommen Merseburg und Halle. kawe