HSV mit rustikalen Lösungen

Der Hamburger SV startet mit einer Niederlage im Pokal in die neue Saison, überzeugt aber im ersten Ligaspiel gegen Fortuna Düsseldorf. Ein HSV-Neuzugang ist bereits für fünf Spiele gesperrt

Von Daniel Jovanov

Daniel Thioune bekam gleich im ersten Pflichtspiel der neuen Saison die volle Härte bei seinem neuen Klub zu spüren. Den Auftakt im DFB-Pokal hat der Hamburger SV fast schon erwartungsgemäß vergeigt: 1:4 beim Zweitliga-Absteiger Dynamo Dresden. Die ohnehin schon gedämpfte Vorfreude der Hamburger Fans auf die neue Saison löste sich ähnlich schnell auf wie die Defensivreihe des HSV, die von der Wucht Dynamos und seines euphorischen Publikums überrannt worden war.

Erstmals nach dem Ausbruch der Coronapandemie durften Zuschauer ins Stadion, doch nicht alle feierten ihren Erfolg so, wie es Anstand und Vernunft gebieten: Auf dem Weg zum Interview wurde HSV-Neuzugang Toni Leistner übel von einem Dresdner Fan beschimpft. Er soll dem 30-jährigen Verteidiger zugerufen haben, dass er seiner hochschwangeren Frau eine Totgeburt wünsche. Leistner kletterte die Tribüne hoch, packte den Fan am Kragen, schmiss ihn zu Boden und kehrte nach einem Gerangel wieder zum Interview zurück. Ein einmaliger Vorgang im deutschen Profifußball, der eine hitzige Diskussion darüber entfacht hat, ob Leistners Reaktion unprofessionell und unverantwortlich oder noch viel zu milde ausgefallen war.

Strafe muss sein

Selbstverständlich muss Leistner für seinen Ausflug auf die Tribüne bestraft werden. Der DFB hat den gebürtigen ­Dresdner „wegen einer Tätlichkeit gegen einen Zuschauer nach vorangegangener sportwidriger Handlung sowie einem Verstoß gegen das DFB/DFL-Hygienekonzept mit einer Sperre von fünf Pflichtspielen sowie einer Geldstrafe in Höhe von 8.000 Euro belegt“, verkündete der Verband Ende vergangener Woche. Aber die wichtigere Frage ist noch nicht abschließend geklärt. Was geht in den Köpfen einiger Fußball-Anhänger vor, die so etwas Widerwärtiges nicht nur denken, sondern ihren Gedanken auch noch im Beisein vieler anderer Zuschauer freien Lauf lassen?

Leistner hat die Angelegenheit rustikal gelöst, aber womöglich ein wichtiges Zeichen im Umgang miteinander gesetzt. Die Botschaft ist beim Dresdener Fan angekommen, er hat sich persönlich entschuldigt und will nun freiwillig 20 Sozialstunden für ein gemeinnütziges Projekt ableisten.

Auch sportlich fand die Woche für den HSV ein versöhnliches Ende. Den Auftakt in der Liga gegen Fortuna Düsseldorf gewann Thiounes Mannschaft mit 2:1. Beide Tore erzielte der neue Stürmer Simon Terodde, der ablösefrei vom FC Köln gekommen war und sofort klargestellt hat, dass er mit inzwischen 120 Zweitliga-Toren in seiner Karriere zu den Besten in dieser Spielklasse gehört.

Aller gute Dinge sind drei

„Hamburg, der HSV, das Stadion – das ist alles schon sehr imposant“, resümierte Thioune nach seiner ersten Pflichtspiel-Woche auf der Trainerbank der Rot­hosen. In Hamburg kann in einer Woche durchaus mehr los sein als bei seinem Ex-Klub ­Osnabrück in einem ganzen ­Monat. Thioune wird sich schnell an dieses Tempo gewöhnen müssen. Im dritten Anlauf soll endlich der Wiederaufstieg in die Bundesliga gelingen. Diesmal aber wirklich.