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Archiv-Artikel

Eine Stiftungsuniversität an der Oder

Deutschland und Polen vereinbarten die Einrichtung einer gemeinsamen Stiftung. Der Löwenanteil des Geldes soll der Europa-Universität „Viadrina“ zugute kommen. Der Etat der Uni steigt, sie muss sich weniger um Verdikte von Landespolitikern scheren. Doch Studierende fürchten weniger Mitsprache

VON KATHI PREPPNER

Ob es nun ein Dankeschön sein soll oder nicht – es wird fließen, das Geld, und zwar nicht zu knapp: 50 Millionen Euro von der Bundesregierung und fünf Millionen Euro aus Polen sollen der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) ihren Weg zur binationalen Stiftungsuniversität ebnen. So sieht es die gemeinsame Erklärung vor, die von den Bildungsstaatssekretären Deutschlands und Polens in Anwesenheit von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Polens ebenfalls sozialdemokratischem Staatspräsidenten Aleksander Kwaśniewski am Montag unterzeichnet wurde.

Dass so viele Euros rollen, freut natürlich die Präsidentin der Universität, Gesine Schwan. Der nichtakademischen Öffentlichkeit ist sie vor allem als Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten bekannt geworden. Da scheint es nicht verwunderlich, dass das Geld so üppig sprudelt – schon im vergangenen Jahr schien ausgemacht, dass sich der Kanzler mit einem Geldgeschenk für Schwans Kandidatur bedanken wird.

Das streitet der persönliche Referent der Viadrina-Präsidentin ab: „50 Millionen Euro wären eine Menge Holz dafür, dass jemand drei Monate lang durch die Lande gezogen ist. Da gab es keinen Kuhhandel“, sagt Schwans Sprecher Thymian Bussemer. Den Plan zur Umwandlung der Viadrina in eine Stiftungsuniversität habe es außerdem schon seit 2001 gegeben, wie ein Allparteienbeschluss des Bundestages belege. Unabhängig von der deutsch-polnischen Stiftung, die mit den 55 Millionen Euro gegründet werden soll, sei auch bereits eine brandenburgische Stiftung in Planung.

„Wir haben stets betont, dass wir Aufgaben für ganz Deutschland wahrnehmen“, fügt Bussemer hinzu. Neben dem deutsch-polnischen Jugendwerk gehöre die Hochschule zu den wichtigsten staatlichen Institutionen im deutsch-polnischen Bereich. Damit trage sie wesentlich zur Auswärtigen Kulturpolitik bei, für die ja auch der Bund zuständig sei.

Aus welchen Gründen auch immer – das Geld wird nun zur Verfügung gestellt, und zwar aus dem Haushalt des Bildungsministeriums. Wurden dort im vergangenen Jahr noch Stimmen laut, dass die Finanzspritze der Regierung zu hoch angesetzt sei, gibt sich das Ministerium nun bedeckt: „Es ist wichtig, die deutsch-polnischen Beziehungen zu pflegen. Wir stehen voll dahinter“, sagt der stellvertretende Sprecher Peter Ziegler.

Einer binationalen Stiftung steht also nichts mehr im Wege. Wie die US-amerikanischen Elite-Universitäten der so genannten Ivy League werden auch einige deutsche Universitäten bereits von Stiftungen getragen. Die Universitäten in Göttingen, Hildesheim und Lüneburg werden bereits aus Stiftungsgeldern finanziert. Auch für „die an der Oder gelegene“ – was Viadrina wörtlich heißt – sind nun die Weichen gestellt: Als Stiftungsuni kann sie ihren Jahreshaushalt, der mit Drittmitteln derzeit bei 24 Millionen Euro liegt, um 2,5 bis 3 Millionen Euro im Jahr aufstocken. Nicht nur der finanzielle Rahmen wird größer. „Eine Stiftungsuniversität hat einen größeren Handlungsspielraum“, sagt Bussemer. Zwar behalte das Ministerium ein Mitspracherecht, aber viele langwierige Genehmigungsverfahren auf Landesebene würden wegfallen. Für die Studierenden bedeute dies: neue Studiengänge, Stipendien, interessante Gastvorträge. Geplant sind laut Bussemer Schwerpunkte wie „Neue Formen des Regierens“, „Internationales Konfliktmanagement“ und ein spezieller Studiengang zu „Mittel- und Osteuropa“.

Die Viadrina erhofft sich noch weitere Veränderungen: Mit Frankreich als drittem Partner soll sie zu einer „transnationalen Universität“ werden. Aus der binationalen Stiftung soll eine deutsch-polnisch-französische werden. Ab 2006 will die Uni das trinationale Konzept einführen. Die Seminare sollen auf Deutsch, Polnisch, Französisch und Englisch gehalten werden. Für die Studierenden werden dann drei Sprachen obligatorisch sein. Zurzeit kommen 1.300 der knapp 5.000 Studierenden aus Polen. In den trinationalen Studiengängen sollen künftig Muttersprachler eine größere Rolle spielen.

Doch die Studierenden sehen die Mutation zur Stiftungsuni trotzdem skeptisch: Studierende der Technischen Universität Dresden, die auch Stiftungsuni werden soll, befürchten, dass nur noch wenige Personen an Entscheidungs- und Gestaltungsprozessen der Hochschule beteiligt sein werden. Sie prognostizieren, dass die Mitarbeiter der Universität, die ProfessorInnen und Studierenden, weniger Mitspracherechte haben werden.