Die Wahrheit: Der Springreiter als Rosstäuscher

Pferde auf Mallorca: meist keine so gute Idee. Vor allem, wenn es sich um Ponys handelt, von denen eines gar nicht das ist, was es sein sollte.

Jessie ist wieder bei uns. Sie ist ein Wanderpferd, das in unserem Dorf an der irischen Westküste die Wiesen abgrast und dann weiterzieht. Ansonsten tut sie nichts. Sie zieht keinen Pflug, und reiten kann man auf ihr auch nicht. Muss man auch nicht. Ich habe nie verstanden, warum man die Gäule nicht in Ruhe lässt. Schließlich gibt es Traktoren und Autos. Dennoch empfinden es manche Menschen als Vergnügen, sich auf die unhandlichen Tiere zu setzen.

Die Töchter von Seán Ewing zum Beispiel, einem auf Mallorca lebenden Milliardär. Er wollte seinen Töchtern zwei Ponys kaufen und reiste deshalb in Irland herum. Beim Springreiter Michael Kearins wurde er fündig. Die Tiere auf dem Gut in der westirischen Grafschaft Mayo hatten das „richtige Temperament“ für die Mädchen. ­Ewing zahlte 20.000 Euro.

Kurz darauf wurden Teddy und Spot nach Mallorca geliefert. Spot? Ewing hatte doch ein Pony namens Buddy gekauft? Das Tier gehörte Kearins aber gar nicht. So hatte er kurzerhand ein anderes Pony auf die Reise nach Spanien geschickt. Spot war aber nicht so sanftmütig wie Buddy. Bei seiner Ankunft trat er Ewings Frau. Danach konnte der Gaul kaum noch laufen, sodass sich Frau und Pferd in ärztliche Behandlung begeben mussten.

Ewing zeigte daraufhin den Rosstäuscher an. Laut Lexikon war ein Rosstäuscher früher jemand, der ein Pferd gegen Geld eintauschte. Aber schon im Mittelalter kam die betrügerische Absicht hinzu. Die Methoden sind vielfältig. Zum Beispiel färben manche die graue Mähne des Tieres oder straffen die Haut zwischen den Ohren, aber diese Tricks sind nicht auf Tiere beschränkt. Menschen hingegen streut man seltener Pfeffer in den Arsch, um sie agiler wirken zu lassen. Auch die Kontrolle des Gebisses zur Altersbestimmung wird eher bei Pferden angewandt.

Die gute alte Zeit

Auch das „Königlich Bayerische Amtsgericht“ musste sich schon einmal mit einem Fall von Rosstäuscherei beschäftigen. In dieser Folge der ZDF-Serie, die zwischen 1969 und 1972 im oberbayrischen Rupertiwinkel gedreht wurde, ging es aber um den absichtlichen Tausch zweier Bauernrösser, durch den zwei ehrenwerte Großbauern in betrunkenem Zustand in die falschen Ehebetten gerieten. Es passierte natürlich nichts Ungebührliches, denn „es war eine liebe Zeit, die gute alte Zeit vor anno 14“, wie Gustl Bayrhammer im Vorspann betont.

Der reale irische Richter war weitaus weniger gnädig als sein bayrischer Amtskollege aus dem Fernsehen. Der Richter verurteilte Kearins zu einem Bußgeld in Höhe von 11.000 Euro. Ewing hatte argumentiert, dass seine Töchter beim Anblick von Spot schlagartig traumatisiert waren und inzwischen jegliches Interesse an Pferden verloren haben. Das könnte freilich daran liegen, dass von der Klage bis zum Urteil acht Jahre vergangen sind. Die Mädchen sind inzwischen junge Frauen.

Spot und Teddy leben übrigens noch. Sie wohnen jetzt in einer Einrichtung für behinderte Kinder.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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