piwik no script img

Gruppenbild mit Corona

Was tun während der Pandemie? In der Kurzdokumentation „Brotlos?“ von Kristin Heike schildern bildende Künstler*innen in Hannover ihre derzeitige Lage

Von Wilfried Hippen

Viele Themen gab es nicht, über die man in den vergangenen Monaten einen Film machen konnte. Die Hygienebestimmungen verunmöglichten normale Dreharbeiten, und wovon lohnt es sich schon, während der Coronakrise zu erzählen? In den anderen Künsten ist es ganz ähnlich: Auftritte, Konzerte und Theaterpremieren sind nur erschwert, wenn überhaupt durchführbar, Ausstellungen und Festivals fallen aus, für die daran Mitwirkenden gibt es keine neuen Aufträge.

Als Filmemacher*in kann man immerhin über diese Zustände selber einen Film machen, und genau dies hat der in Hannover beheimatete „Verein autodidaktischer Künstler in Deutschland“ getan. Da dieser Verein eine Vereinigung von bildenden Künstler*innen ist, kommen in „Brotlos“ nun Maler*innen, Bildhauer*innen und Konzeptkünstler*innen zu Wort, ferner ein Fotograf, ein Modedesigner und auch eine „Leidenschaftskünstlerin“ (die aber auch vor allem malt). In 24 Minuten werden 14 von ihnen vorgestellt. Sie alle leben und arbeiten in Hannover und das Filmteam der Regisseurin Kristin Heike hat sie in ihren Wohnungen und Ateliers besucht, wo sie davon erzählen, wie extrem sich seit dem März ihre Situation verändert hat.

Die Bildhauerin Leona Boltes etwa war ganz vorsichtig und nahm auch während des Interviews ihren Mundschutz nicht ab. Aber ansonsten sieht man der Kurzdokumentation zumindest auf den ersten Blick nicht an, unter welchen extremen Bedingungen sie gedreht wurde.

Und darüber, ob die Hygienebestimmungen dafür verantwortlich sind, dass sich die Regisseurin und der Kameramann Andreas Barthel stilistisch so wenig trauen, kann nur spekuliert werden. Sie haben vor allem sprechende Köpfe aufgenommen. Dazu gibt es jeweils kurze Blicke in die Ateliers und ein paar dort hängende oder stehende Werke geben einen Eindruck davon, welche Art von Kunst die Protagonist*innen jeweils produzieren. Aber da jede(r) von ihnen in weniger als zwei Minuten vorgestellt wird, geht der Film eher in die Breite als in die Tiefe.

Der Anspruch, dass es hier „auch um die Stellung der Künstler*innen im Allgemeinen in der Gesellschaft“ geht – das besagt der Pressetext –, kann da nur oberflächlich eingelöst werden. Bei den wenigen Sätzen, die den Protagonist*innen zugestanden werden, geben sie eher Statements ab, als dass sie auf eine Weise von ihrer Situation erzählen können, die wirklich Interesse oder Anteilnahme wecken würden.

Aber hier sollte offensichtlich ein Gruppenbild entstehen, das allen Protagonist*innen gerecht werden musste. Dabei sind Redundanzen und Längen kaum zu vermeiden und die interessanteren interessanten Geschichten werden leider nicht weitererzählt. So erfährt man etwa viel zu wenig davon, wie ein syrisch-palästinensischer Modedesigner nun in der niedersächsischen Landeshauptstadt durchkommt.

„Brotlos“ im Netz: https://youtu.be/4lw9-OrXOSI

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen