Arbeitsmarkt in der Corona-Krise: Jeder Vierte kommt zu kurz

Rund 412.000 Berliner*innen sind seit Anfang von Corona in die Kurzarbeit gerutscht. Das Land fordert für sie nun mehr Geld vom Bund.

Diese Tische bleiben leer

Besonders stark ist die Gastronomie von Kurzarbeit betroffen Foto: Sören Stache/dpa

BERLIN taz | Statt 2.100 Euro netto verdient Jan Keller (Name geändert) seit Anfang März nur noch knapp die Hälfte: 1.040 Euro monatlich. Denn mit den ersten Coronafällen auch in Berlin ist der Veranstaltungstechniker in die Kurzarbeit gerutscht. So wie viele Berliner*innen: Für rund 412.000 wurde seit Anfang März Kurzarbeit angemeldet, teilte die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit am Mittwoch mit. Damit ist in Berlin jeder vierte Beschäftigte in Kurzarbeit.

Vor einem Jahr betraf dies nur gut 1.000 Berliner*innen. Die aktuellen Zahlen zur Kurzarbeit könnten allerdings noch etwas korrigiert werden, da erst im Nachhinein abgerechnet wird. Unternehmen haben dafür drei Monate Zeit.

„Von meinem jetzigen Gehalt kann ich kaum leben“, sagt Veranstaltungstechniker Keller. „Außerdem weiß niemand, wie es mit der Branche weitergeht und welche Firmen überleben.“ Eigentlich sollte Keller laut Konjunkturpaket der Bundesregierung 60 Prozent seines Nettoeinkommens erhalten. Er bekommt de facto aber nur 50 Prozent, denn seine Zuschläge für Nacht- und Wochenenddienste werden nicht berücksichtigt. Nach aktualisierter Regelung von Anfang Juni ist das ein Fehler, der korrigiert werden müsste.

Berlin startet Bundesrats-Initiative

Kleinteilige Details wie diese dürften für viele Beschäftigte am Ende mehr als Kleingeld ausmachen. Denn betroffen sind laut Regionaldirektion vor allem das Gastgewerbe, der Handel und der Dienstleistungsbereich – und damit Branchen, in denen auch an Feiertagen gearbeitet wird.

Gegen die niedrigen Löhne möchte das Land Berlin nun etwas tun: Am Freitag fordert der Senat im Bundesrat eine saftige Erhöhung des Kurzarbeitergeldes während der Coronakrise.

Für alle, die weniger als 1.400 Euro netto verdienen, soll der Bund demnach das Kurzarbeitergeld rückwirkend zum 1. März auf 90 Prozent des Nettoeinkommens erhöhen – derzeit sind es 60 Prozent beziehungsweise 67 Prozent für Eltern von mindestens einem Kind. Berlin startet diese Initiative gemeinsam mit dem Land Bremen. Bei einem Nettoeinkommen ab 1.400 und bis 1.700 Euro soll das Kurzarbeitergeld auf 85 Prozent steigen, bei mehr als 1.700 Euro netto auf 80 Prozent.

In einer weiteren gemeinsamen Bundesratsinitiative fordern Berlin und Bremen, dass Hartz-IV-Sanktionen für alle unter 25 Jahren abgeschafft werden – auch über Corona hinaus. Derzeit sind Hartz-IV-Sanktionen ausgesetzt. Am Freitag zeigt sich, ob sich im Bundesrat Mehrheiten für weniger Sanktionen und mehr Kurzarbeitergeld finden.

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