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Recht auf Abtreibung gestärkt

Der Oberste Gerichtshof der USA kippt ein Gesetz aus Louisiana, das Abtreibungen extrem erschwerte. Mehr als ein kurzes Aufatmen bringt das Urteil des mehrheitlich konservativ besetzten Gerichts aber nicht

Von Bernd Pickert

Zum dritten Mal innerhalb weniger Wochen hat der mehrheitlich konservativ besetzte Oberste Gerichtshof der USA mit einem Urteil liberale Positionen gegen die rechtsrepublikanische Agenda gestärkt. Am Montag entschied das Gericht mit fünf zu vier Richterstimmen, dass ein Gesetz im Bundesstaat Louisiana, dass es Frauen dort nahezu unmöglich machte, einen legalen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen, verfassungswidrig ist. Erneut stimmte der 2005 unter Präsident George W. Bush zum Vorsitzenden Richter ernannte John Roberts mit den vier verbliebenen liberalen Richter*innen Ruth Bader Ginsburg, Stephen Breyer, Sonia Sotomayor und Elena Kagan.

Das Gesetz in Louisiana sah vor, dass nur noch Ärzte Schwangerschaftsabbrüche durchführen dürfen, die über eine Berechtigung verfügen, Patienten bei Komplikationen in ein nahe gelegenes Krankenhaus einzuweisen. Eine solche Zulassung zu bekommen, ist extrem schwierig, sodass dieses Gesetz das Aus für fast alle Abtreibungskliniken bedeutet hätte. Nur eine einzige wäre übrig geblieben. Die aber hätte den Bedarf von derzeit rund 10.000 Schwangerschaftsabbrüchen pro Jahr in dem Bundesstaat niemals decken können – und genau das war auch das Ziel der konservativen Mehrheit, die das Gesetz durch Louisianas Kongress brachte.

Schon 2016 war eine sehr ähnliche Regelung in Texas vom Obersten Gerichtshof gestoppt worden. Auch damals hatte der Bundesstaat behauptet, sich um die Gesundheit der Frauen zu sorgen. In der Folge hatte die Hälfte der rund 40 Abtreibungskliniken in Texas schließen müssen, bis der Oberste Gerichtshof das Gesetz für verfassungswidrig erklärte.

Genau dieser Umstand, nämlich dass es dieses Urteil von 2016 gab, war wohl auch ausschlaggebend dafür, dass nun das Gesetz von Louisiana jetzt gekippt wurde. Damals war der Gerichtshof noch mehrheitlich liberal besetzt, und John Roberts war auf der Seite der Minderheit, die das texanische Gesetz in Ordnung fand. Seither hat Donald Trump mit den Ernennungen von Neil Gorsuch und Brett Kavanaugh die Mehrheitsverhältnisse nach rechts verändert.

Der stockkonservative Roberts hat seine Meinung nicht geändert – bewertet aber in seiner Stellungnahme die Kohärenz der Gerichtsentscheidungen höher als seine Gegnerschaft zu Abtreibungen. Weil 2016 so entschieden wurde, musste das Gericht jetzt dabei bleiben, entschied er mit seiner Stimme.

Das bedeutet aber auch, dass die Grundsatzfrage nach der Zukunft der „Roe vs. Wade“-Entscheidung von 1973, die Abtreibungen in den USA grundsätzlich legalisierte, noch nicht vom Tisch ist. Es ist die erklärte Politik der konservativen Republikaner, so lange immer wieder Abtreibungsfragen vor das Gericht zu bringen, bis „Roe vs. Wade“ irgendwann gekippt ist. Wenn sie einmal den Dreh finden, der das möglich macht, wird es eng für die Frauenrechte.

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