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Gute Zeugnisse für Abgeordnete

Die meisten Hamburger Politiker*innen antworten auf Fragen bei Abgeordnetenwatch. Nur die AfD fällt ab

Die Kompetenz und Überzeugungskraft der Abgeordneten muss jede*r selbst beurteilen

Von Laura Strübbe

Am Mittwoch und damit pünktlich zur Zeugnisausgabe an den Schulen hat das Internetportal abgeordnetenwatch.de Noten vergeben – für das Antwortverhalten der Volksvertreter*innen auf der Dialog-Plattform. Je mehr Fragen ein*e Bundestagsabgeordnete*r beantwortet, desto höher steigt er oder sie im Ranking.

Mit Hilfe der Noten können die Bürger*innen nachvollziehen, wer auf einen direkten Draht setzt und den Dialog auch ernst nimmt. Der Notendurchschnitt lag bei 1,6. Die Kompetenz und Überzeugungskraft der Abgeordneten muss dagegen jede*r selbst beurteilen. Quantität heißt hier nicht gleich Qualität.

Der Altonaer Matthias Bartke (SPD) ist mit 124 Antworten auf ebenso viele Fragen Spitzenreiter. Der einzige AfD-Abgeordnete Bernd Baumann bleibt Schlusslicht. Eine kalte Absage kam aus Baumanns Büro auf die taz-Anfrage zu seinem mangelhaften Zeugnis zurück. Zumindest hat Baumann fünf von 16 Anfragen beantwortet – ein deutlicher Zuwachs im Vergleich zur vorherigen Legislaturperiode. Da hatte er von sieben Anfragen noch keine einzige beantwortet. Doch nachdem er sich zwei Stunden lang den über Jahre angehäuften Fragen von Bürger*innen zugewandt hatte, war seine Bereitschaft zur direkten Kommunikation wieder erlahmt.

Für die Notenvergabe wurden alle Fragen von Bürger*innen seit der Bundestagswahl im September 2017 bis zum 9. Juni 2020 berücksichtigt. Üblicherweise steigt das Frageaufkommen rund um Wahlen an. Deshalb war es vor der Bürgerschaftswahl im Februar eher gering. Unabhängig davon gingen im April und Mai extrem viele Fragen ein. Über 2.500 – solch eine Zahl erreichten sie im vergangenen Jahr nur zurzeit der Wahlen in Bremen und Thüringen sowie zum EU-Parlament. Léa Briand, Pressesprecherin von Abgeordnetenwatch, erklärt sich den Ansturm so: „Die Figur des Politikers ist wieder in den Vordergrund gerückt, genauso wie der Staat wieder zum Hauptakteur geworden ist.“

Doch hört die Kommunikation spätestens bei der Antwort auf die gestellte Frage auf, eine weitere Dialogfunktion ist erst in Planung. Aydan Özoğuz (SPD) hat von 41 Anfragen 34 beantwortet. Das reichte noch für die Note zwei. Darüber ist sie enttäuscht, „denn es sieht so aus, als würden uns die Bürger*innen doch nicht so sehr beschäftigen“. Als ehemalige Staatsministerin bekomme sie auch viele schriftliche Fragen, die sie beantworte. Wenn sie es einrichten könne, besuche sie die Menschen auch.

Engagement lässt sich eben doch nicht nur in Noten abbilden.

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