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wortwechselWem gehört die Polizei? Ein Beruf im Kreuzfeuer

PolizistInnen sind Menschen, die Demokratie und Menschenrechte schützen sollen – notfalls auch mit Gewalt. Korpsgeist, Machtgehabe, Brutalität, Rassismus – schreckliche Einzelfälle?

„ACAB: All cops are berufsunfähig“,

taz vom 15. 6. 20

Polizei = Müll?!

Was berechtigt Frau Yaghoobifarah, eine ganze Berufsgruppe so abzuqualifizieren und in menschenverachtender Weise auf „Müllhalden“ verfrachten zu wollen? Von dem unsäglichen Vergleich – „was schon 1945 so gut funktioniert hat“ – ganz abgesehen? Selbstverständlich müssen Rassismus und unangemessene Gewaltausübung geahndet werden. Aber: Polizist*innen sind nicht nur die Tränengas sprühenden, Menschen erschießenden Monster, als die sie in populistischer Weise dieser Tage dargestellt werden. Sie sind auch die, die kommen, wenn Menschen bedroht werden, die kommen, wenn Ihnen die Handtasche gestohlen wird, die ermitteln, wenn Kinder misshandelt oder missbraucht werden, wenn demente Personen gesucht werden, wenn Rechtsradikale morden und brennen und noch viel mehr. Oder wen rufen Sie, wenn bei Ihnen eingebrochen wurde?

Doris Braun, Landau

Linker Menschenhass?

Liebe Frau Yaghoobifarah, ich habe zu Anfang ein Unwohlsein mit Ihrer Art gehabt, den Spieß bei Rassismus umzudrehen. Aber diese Art habe ich zu schätzen gelernt. Aber mit diesem Artikel machen Sie nichts anderes als jede Populist*In. Sie bedienen gruppenbezogenen Menschenhass. Selbst in den USA sind Polizisten keine Terrortruppe mit der Aufgabe, nicht mitteleuropäischstämmige und linke Menschen zu eliminieren und schon gar nicht hier. Als ebenso queerer und feministischer Mensch wie ich sollten Sie in der Lage sein zu sehen, dass miteinander zu reden nützt. So hat die Einrichtung der Stelle von Ansprechpersonen für LSBTI der Polizei und damit den queeren Bürgern neue Wege des Umgehens miteinander eröffnet. Dass die Polizei den in der Gesellschaft vorhandenen Rassismus spiegelt, ist wahr. Polizisten sind Menschen. Ich sehe die besondere Verantwortung durch das Gewaltmonopol des Staates. Diese sehen auch die Mehrheit der Polizisten, die auch Sie schützen. Ihre „Glosse“ ist keine solche, sondern ein Schlag ins Gesicht für all die Polizist*Innen, die die Black-Lives-Matter-Demonstrationen als Absicherung und auch als Demonstrant*innen möglich gemacht haben. Ihre „Glosse“ ist die Verweigerung eines gesellschaftlichen Diskurses und damit das, was sie angeblich anklagt: Gewalt. Marlene Komitsch, geboren als Ralf Komitsch, Berlin

Ganze Polizei verachten?

Ich bin richtig sauer, einen solchen Text in meiner linken und meist recht reflektiert schreibenden taz lesen zu müssen. Worin genau unterscheidet sich das Weltbild der Autorin von tatsächlichen Faschisten? Alle Polizisten als faschistisch und berufsunfähig zu beschreiben und ihnen jedwede Eignung, noch mehr, nämlich Menschlichkeit abzusprechen, weswegen sie „auf der Mülldeponie unter ihresgleichen“ landen sollten – das fällt nicht mehr unter Satire, das ist zutiefst verachtend und komplett intelligenzfrei. Ist das die linke Variante von „Das wird man doch noch sagen dürfen“? Ich muss nicht erklären, wie viele Menschen mit Migrationshintergrund bei der Polizei arbeiten, ich muss nicht erklären, dass es insgesamt einfach Menschen sind, die ihren Job machen, auch nicht, dass es natürlich unbedingt und immer wieder diskussionswürdig ist, über polizeiliches Verhalten zu sprechen.

Cornelia Westphal, Berlin

„Wenn es schwierig wird, macht die Polizei dicht“, taz vom 12. 6. 20

Spiegel des Volkes

Wenn Vertreter von Polizeigewerkschaften, Politiker und Sympathisanten unisono behaupten, dass es in Polizei (und Bundeswehr) keine Probleme mit rassistischem oder faschistischem Gedankengut gäbe, dann kann man das nur als Lüge bezeichnen. Sollen Polizei und Bundeswehr nicht den „Bürger in Uniform“ darstellen und sollte sich in deren Diensten nicht ein Querschnitt der Bevölkerung spiegeln? Dann müssen folglich mindestens 15 bis 20 Prozent der Beamten und Angestellten dort zumindest latent Rassisten und Faschisten sein. Wie in der gesamten Bevölkerung. Nur weil die Menschen in diesen Diensten eine Uniform tragen, macht es sie nicht besser (oder meinetwegen schlechter) als die Bevölkerung.

Udo Siebrasse, Gelsenkirchen

Lippenbekenntnisse

Nun ist die Diskussion über Rassismus in der Polizei auch bei uns präsent. Darüber bin ich sehr erfreut und hoffe, dass dies endlich auch zu einem gesamtgesellschaftlichen Diskurs führen wird. Wir brauchen diese Debatte. Teilweise sind die rassistischen Vorurteile sehr tief in unser gesellschaftliches Leben eingedrungen, ohne dass sich viele Menschen über ihre verbale Ausdrucksweise oder ihr Verhalten ernsthaft Gedanken machen. Es bleibt zu hoffen, dass es nicht nur bei politischen Lippenbekenntnissen bleibt und sich für die Zukunft wirklich etwas ändert in Deutschland, Europa und anderswo! Thomas Henschke, Berlin

Spezialkräfte – testen!

„Offenbart gefährliche Art von Korpsgeist“, taz vom 16. 6. 20

Es gibt Kausalitäten, die sind auch durch Umstrukturierungen oder Neuaufstellungen nicht lösbar. KSK-Einheiten sind – wie einige Spezialkräfte der Polizei und der Nachrichtendienste – für Korpsgeist die ideale Plattform. Wäre die latente Bereitschaft zur feierlichen „Verbrüderung“ und im Ernstfall, also im Waffengang unter Lebensgefahr, auch zur ultimativen persönlichen Loyalität nicht vorhanden: Das System Militär und SEK wäre wohl ineffizienter im Sinne der Befehlsstruktur. Daher sind Schnittmengen nicht zufällig. Für die Unterwanderung von rechts gilt als Diktum: Wer wegschaut, trägt Mitschuld. Führung durch Vorbild! Bei Laufbahnbeurteilungen wären turnusmäßige psychologische Tests zum adaptiven Monitoring sinnvoll. Ein lohnendes Ziel für präventives Investment. Vielleicht auch für manche Entscheider:innen in Politik und Wirtschaft? Martin Rees, Dortmund

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