: Tricks mit der Luftsicherheit
Die Union nutzt das Thema, um die Bundeswehr im Innern marschbereit machen
BERLIN taz ■ Ein mutmaßlicher Selbstmörder nimmt postum Einfluss auf den Wahlkampf: Der Pilot, dessen Ultraleichtflugzeug vor dem Reichstagsgebäude abgestürzt war, hat das Luftsicherheitsgesetz aus den Klausurberatungen der Fachleute in die politische Arena zurückbefördert. Eine Grundgesetzänderung, die den Spielraum für Einsätze der Bundeswehr im Inneren erweitert, ist in den letzten Tagen wahrscheinlicher geworden.
Das Gesetz sieht vor, dass entführte Flugzeuge notfalls abgeschossen werden dürfen, wenn das Leben weiterer Menschen bedroht ist. Bundespräsident Horst Köhler hatte die Neuregelung im Januar nur mit Bedenken unterzeichnet und eine verfassungsrechtliche Prüfung angeregt.
Die Union befürwortet das Gesetz, fordert jedoch eine Änderung des Grundgesetzes. Die SPD-Minister Schily und Struck bezeichneten das zunächst als überflüssig. Inzwischen haben sie sich mit einer „Klarstellung“ einverstanden erklärt – was auf eine Verfassungsänderung hinausläuft. FDP und Grüne lehnen einen Bundeswehreinsatz im Inneren weiterhin ab.
Über eine Verfassungsklage des früheren FDP-Abgeordneten Burkhard Hirsch und anderer will Karlsruhe am geschichtsträchtigen 9. November mündlich verhandeln. Die Bundesregierung soll sich zum Sachverhalt bis zum 20. September äußern – spätestens zwei Tage nach den Neuwahlen. BETTINA GAUS