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boulevard der bestenGeorgLöwisch

Dieser Text ist die letzte Chance, ihn in dieser Rubrik, die früher „Mitarbeiter:in der Woche“ hieß, zu würdigen: Am nächsten Wochenende ist er nicht mehr bei uns in Lohn und Brot, er wird dann, nach gut viereinhalb Jahre als Chefredakteur der taz, seinen Abschied genommen haben: Georg Löwisch. Nun kommen und gehen chefredaktionelle Personen, auch in der taz. Und meist ist dies, neben mancherlei Gefühlen einer typischen Gemeinde Hinterbliebener, verbunden auch mit Empfindungen des Verdrusses („Nun war auch mal gut“) oder gar solchen, die das Frische und Aufbrüchige wünschen („Der neue Besen, der kehrt bestimmt gut“).

Bei ihm ist es irgendwie anders: Als er vor einigen Wochen bekannt gab, die taz zu verlassen, hinterließ dies vor allem – Traurigkeit. Die allermeisten wissen ja, ehe auch nur seine Erbschaft präzise ausgerechnet wird, dass er in seinen Chefredaktionsjahren eine Fülle von Gräben nicht nur nicht geschaufelt hat, vielmehr sogar zuschüttete: Nie war, so sagen viele im Haus, das redaktionelle Leben in der taz so energetisch auf gute Weise aufgeladen. Man ringt offenbar, so war durch ihn unmissverständlich zu lernen, um Qualität, nicht mehr nur um die beste Position im Startblock, etwa auf Konferenzen.

Als der Vorstand der taz-Genossenschaft Georg Löwisch 2015 zum Chefredakteur berief, wusste man redaktionellerseits, was man an ihm haben würde: 1998 war er taz-Volontär, machte sich mit allen Umständen, gleich welcher Art, vertraut, wirkte als Redakteur und Reporter – ehe er 2009 Ressortleiter der neugegründeten sonntaz wurde. Einige Jahre war er danach Textchef bei der Zeitschrift Cicero, ohne je die Kontakte zur taz abgebrochen zu haben – wobei erwähnt werden sollte, dass er sowieso kein Kontaktabbrecher ist.

Ihn zum Chefredakteur zu berufen nahmen manche in der taz mit Freude und Irritation zugleich auf: Ein Mann, 1974 in Freiburg geboren, der kein ausdrücklicher Linker ist, der keine sprachlichen Phrasen in dieser Hinsicht bediente – wie soll der die taz inspirieren und leiten können?

Und wie er das konnte! Von seinen beiden Stellvertreterinnen abgesehen – Barbara Junge und Katrin Gotrschalk, die auf seinen Wunsch ins Leitungsteam berufen wurden –, hat er wie niemand zuvor die Ansprüche der Frau-Mann-Quotierung ernst genommen, hat jedwede Kumpanei mit Kolleg:innen unterlassen, behielt stets gleiche Nähe bzw. Distanz zu allen. Er selbst sagt, worauf es ihm angekommen sei, dürfe man mit dem Wort „Qualität“ umschreiben – womit er das Arbeiten am Text meint, die feinstklöppelige Art, Sprachliches zu feilen, einen besseren, weil treffenderen Ausdruck zu finden. Nichts verachtet er – und selbst dies noch mit verbindlichem Lächeln – so sehr wie gedroschenes Sprachstroh. Und irgendwie gelang ihm sein Projekt: In keiner Ära der taz haben diese Zeitung und ihre Redakteur:innen so viel öffentliche Aufmerksamkeit ihres Journalismus wegen errungen – die Recherchen zum „Hannibal“-Komplex seien hier besonders genannt, preisgekrönt wie viele andere taz-Projekte unter seiner Ägide auch.

Es ist kein Geheimnis, zu verraten, dass die Redaktion ihn gern länger über und mit sich gewusst hätte. Er geht jetzt zu einem der journalistisch interessantesten, weil sich um Religiöses kümmernden Printprodukte der Branche, er wird Chefredakteur von Christ & Welt, einer einst kernkatholisch geprägten Beilage der Zeit, beinah mehr Underground als die im Mainstream verankerte taz. Wir haben ihm viel zu verdanken, und es war außerdem vor allem mit ihm: eine nur gelegentlich anstrengende aber immer intensive Zeit. Jan Feddersen

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